Stellungnahme im weiteren Offenlegungsverfahren „Bergkamp III“

Vor dem Hintergrund einer aktuell stagnierenden und dauerhaft rückläufigen Bevölkerung will die Gemeinde Everswinkel durch das Anlocken junger Familien aus dem Umland dem demografischen Wandel begegnen.

Zwar gibt es bereits heute einen erheblichen Wohnungsüberhang,[1] doch sehen der Bürgermeister und die Mehrheit der Kommunalpolitiker die Fortsetzung der bisherigen „Kirchturmpolitik“ als alternativlos an.

Durch die Ausweisung des Baugebietes „Bergkamp III“ soll versucht werden, den jetzigen Wohnungsüberhang um ca. weitere 140 Wohneinheiten zu erhöhen. Mit dieser Kamikaze-Strategie will die Gemeinde Everswinkel im Kampf mit den Nachbarkommunen um die auch im Münsterland künftig kontinuierlich sinkende Anzahl an Einwohnern[2] einen der vorderen Plätze belegen.

Überbietungswettbewerb

Auch die Nachbargemeinden weisen mit der gleichen Zielsetzung allesamt seit Jahren überdimensionierte Baugebiete aus. Statt eine derartige ruinöse interkommunale Konkurrenz zu vermeiden, leisten sich die Kommunen einen politischen Überbietungswettbewerb, der keineswegs zur Lösung des Demografieproblems führt, sondern lediglich die Intensivierung der Ressourcenplünderung zur Folge hat.

Die seit langem bekannten demografischen Probleme werden von der Mehrzahl der Kommunalpolitiker wider besseres Wissens ignoriert und schöngeredet. Statt endlich den Wechsel von einer flächenverbrauchenden Politik monotoner Reflexe hin zu einer modernen Politik des Flächensparens zu vollziehen, wird weiterhin der Expansion des pro Person in Anspruch genommenen Wohnraums und der Zersiedlung der Landschaft Vorschub geleistet.

Flächenverbrauch bedeutet Heimatverbrauch

Mit der Umsetzung des Bebauungsplans Nr. 59 „Bergkamp III“ werden von der Gemeinde Everswinkel erneut die Ziele der Raumordnung unterlaufen und die Bemühungen um eine nachhaltige und ressourcenschonende Siedlungsentwicklung ad absurdum geführt.

Ein Blick in den Umweltbericht zum Bebauungsplan „Bergkamp III“ zeigt, welch wichtige Schatzkammer der Artenvielfalt vor der eigenen Haustür zerstört wird.[3] Die Realisierung des Baugebietes stellt einen massiven Eingriff in die Natur dar, der neben einem Verlust an Artenvielfalt und einem Verlust an Fläche für die Landwirtschaft auch zu einer Verminderung der Lebensqualität für die Everswinkeler Bürger führt.

Und nicht zuletzt bedeutet Flächenverbrauch auch Heimatverbrauch.

„Abnickfunktion“ der Kommunalpolitiker

In einer kritisch-konstruktiven Stellungnahme wurde im Rahmen der Offenlegung des Bebauungsplans Nr. 59 „Bergkamp III“ zur Beteiligung der Öffentlichkeit die mangelnde Sinnhaftigkeit des Baugebiets sowohl aus der Sicht der Gemeinde Everswinkel als auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht verdeutlicht.[4]

Trotz der in der Stellungnahme detailliert aufgezeigten Planungsdefizite sind die Kommunalpolitiker der Empfehlung des mit der Erarbeitung des Bebauungsplans beauftragten Planungsbüros gefolgt und haben in der Sitzung des Ausschusses für Planung und Umweltschutz am 04. Juni 2020 einstimmig „die Anregungen und Bedenken insgesamt zurückgewiesen.“[5]

Mit ihrem Abstimmungsverhalten haben die Kommunalpolitiker erneut die Chance verstreichen lassen, durch einen qualifizierten Abwägungsprozess eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten und nachteilige Umweltauswirkungen zu vermeiden. Vielmehr wurde zum wiederholten Male lediglich die „Abnickfunktion“ erfüllt und ein Ergebnis, das bereits vorher feststand, unreflektiert bestätigt.

Nach der Intention des Baugesetzbuches (BauGB) muss der Bebauungsplan das Ergebnis einer sachgerechten Abwägung aller vorgebrachten Belange sein. Das schlichte Wegwägen der dem Bebauungsplan widersprechenden Belange widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen und macht die Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer Farce.

Erneutes Offenlegungsverfahren

Zur Vermeidung von Verfahrensfehlern wurde die Durchführung eines erneuten Offenlegungsverfahrens beschlossen. [6] Ein erneutes Offenlegungsverfahren bietet der Verwaltung und den Kommunalpolitikern die Möglichkeit, sich in einem weiteren Abwägungsprozess mit ergänzenden Stellungnahmen intensiv auseinanderzusetzen.

Vielleicht gelingt es den Kommunalpolitikern bei der erneuten Abwägung, die Rolle eines neutralen Sachwalters einzunehmen sowie im Interesse der nachfolgenden Generationen auch die Belange der Nachhaltigkeit angemessen zu berücksichtigen.

Anmerkung: Die im erneuten Offenlegungsverfahren eingereichte Stellungnahme kann über den nachfolgen Link aufgerufen werden:
Stellungnahme im Bebauungsplanverfahren Nr. 59 „Bergkamp III“ vom 28. Juli 2020

 

[1] Allein von 2004 bis 2019 entstanden in Everswinkel 893 neue Wohnungen, während die Zahl der Einwohner einschließlich der im Jahre 2015 zugewiesenen rund 200 Flüchtlinge gerade einmal um 125 stieg. Für jeden zusätzlichen Einwohner wurden im Durchschnitt somit 7 neue Wohnungen errichtet.
[2] Bezirksregierung Münster (Hrsg.): Regionalplan Münsterland, 2014, Randnummer 14.
[3] Gemeinde Everswinkel: Umweltbericht gem. § 2 Abs. 4 BauGB mit integrierter Eingriffs-/Ausgleichs  bilanzierung zum Bebauungsplan Nr. 59 „Bergkamp III“ und zur 36. Flächennutzungsplan-Änderung.
[4] Die Stellungnahme kann über den nachfolgenden Link aufgerufen werden:
Stellungnahme vom 08. März 2020
[5] Gemeinde Everswinkel: Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses für Planung und Umweltschutz vom 04. Juni 2020, Seite 6.
[6] Ebenda.