Königskamp III: Stellungnahme von Bündnis 90/Die Grünen

In der Sitzung des Bezirksauschusses Alverskirchen wurde am 02. Juli 2019 über den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 58 „Königskamp III“ beraten. Die sachkundige Bürgerin Marion Schniggendiller hat im Rahmen der Beratungen als Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen eine Stellungnahme abgegeben. Die Stellungnahme ist als Anlage zur Niederschrift aufgenommen worden. Sie wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben:

Stellungnahme zu TOP 2: Bebauungsplan Nr. 58 „Königskamp III“

Meine Damen und Herren!

Zunächst einmal ist es bemerkenswert, mit welcher Vehemenz daran gearbeitet wird, den Freiraum Alverskirchen zu zerstören. Mit den Stimmen von CDU und FDP wurde das überdimensionierte Baugebiet Königskamp seinerzeit rechtswidrig ausgewiesen. Sonst hätten wir dieses ganze Theater nicht! CDU und FDP haben einen hohen wirtschaftlichen Schaden für unsere Gemeinde zu verantworten. Es wurde mit Hilfe der Bezirksregierung massiv gegen die Ziele der Raumordnung verstoßen. Ich beziehe mich hier auf das Urteil des OVG Münster vom Oktober 2013.

Es werden weiterhin zwei Gutachten bemüht, die natürlich zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen müssen, weil unterschiedliche – teils spekulative – Annahmen in Ansatz gebracht werden. Eines jedoch bleibt in beiden SSR-Gutachten gleich: Die Bevölkerungszahl in Alverskirchen wird zukünftig weiter sinken: Sie wird sich bis 2030 voraussichtlich um ca. 150 Einwohner verringern.

Die Einwohnerzahl ist schon seit einigen Jahren rückläufig. Interessanterweise haben wir in Alverskirchen aktuell mit 1.906 Einwohnern exakt die Bevölkerungszahl des Jahres 2007 erreicht. Gleichwohl sind im Zeitraum von 2007 bis heute zahlreiche neue Wohneinheiten in Alverskirchen geschaffen worden. Es wird also mehr Siedlungsfläche für eine gleich bleibende Bevölkerung in Anspruch genommen.

Bei nun weiter deutlich rückläufiger Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2030 kommt das SSR-Gutachten zu dem Schluss, dass wir weitere Wohneinheiten benötigen. Wir brauchen also demnach für weniger Menschen noch mehr Wohnraum. Eine bemerkenswerte Logik. Man könnte durchaus die Frage stellen, wie ein Gericht das Gutachten beurteilen würde.

Unser Bürgermeister Seidel spricht im Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung im Landtag NRW und erklärt dort u. a., dass wir in Alverskirchen Wohnungen für potenzielle Mitarbeiter der in Planung stehenden JVA in Münster-Wolbeck brauchen. Er drückt zudem sein Unverständnis über die Rechtslage aus indem er erklärt …“ ich werde nie verstehen, warum Alverskirchener in Everswinkel bauen dürfen aber Everswinkeler nicht in Alverskirchen…“

Schon in der gemeinsamen Sitzung des Bezirksausschusses Alverskirchen und des Ausschusses für Planung und Umwelt am 01. März 2018 erklärte Herr Seidel. „Es kann nicht sein, dass in Sprakel, Gelmer und überall gebaut werden darf und in Alverskirchen nicht. Ich werde alles dafür tun, dass das geändert wird und auch in Alverskirchen jeder bauen kann, wenn er es will – auch wenn Leute hier im Raum sitzen, die das zu verhindern wissen/verhindern wollen…“

Diese Argumentationen und Forderungen sind deshalb so bemerkenswert, da sie nur einen Schluss zulassen: Bürgermeister Seidel ist nicht bereit, die zum Wohle der Allgemeinheit bestehenden Ziele der Raumordnung zu akzeptieren. Wie will eigentlich ein Bürgermeister, der die Ziele der Raumordnung nicht respektiert, seiner Verpflichtung zum schonenden Umgang mit Grund und Boden nachkommen?

Von der Absicht eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Fläche ist jedenfalls nichts zu erkennen. Im Gegenteil: Wir sehen bereits jetzt eine Entkopplung von Bevölkerungsentwicklung und Flächeninanspruchnahme, was unter anderem gerade im ländlichen Bereich und auch in Alverskirchen zu immer geringeren Siedlungsdichten führt.

Der Trend, immer mehr Fläche für weniger Bürger in Anspruch zu nehmen, wird langfristig unsere Gemeindefinanzen weiter in eine Abwärtsspirale reißen und einen immer größeren ökologischen Schaden verursachen. Freiflächen sind von großer ökologischer Bedeutung. Bodenpolitik ist daher immer auch Klimapolitik!

Die beabsichtigten Änderungen des Landesentwicklungsplans durch die schwarz/gelbe Landesregierung sind vor diesem Hintergrund kontraproduktiv: Nicht weniger, sondern mehr Flächenverbrauch und damit noch größere ökologische Schäden sind die Folge.

Auch wir hier in Everswinkel entfernen uns von einer nachhaltigen Flächenpolitik, die seinerzeit Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) mit seiner „Allianz für die Fläche“ (5 Hektar-Ziel für NRW) bereits forderte. Die Mehrheit der Everswinkeler Kommunalpolitiker missachtet mit ihren Entscheidungen für immer mehr Bauland gleichzeitig auch die Nachhaltigkeitsstrategie unserer Bundesregierung (30 Hektar-Ziel). Die Sinnhaftigkeit raumordnerischer Zielsetzungen wird bewusst unterlaufen, in dem als Freiraum deklarierte Fläche – wie in Alverskirchen – als Siedlungsfläche ausgewiesen wird.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin dafür, dass in Alverskirchen maßvoll gebaut wird. Der Bevölkerungsrückgang jedoch ist unstreitig und muss tatsächlich berücksichtigt werden. Der Bebauungsplan Nr. 58 Königskamp III ist hier weder nachhaltig noch effizient.

Es scheint vielmehr so, als blende die Gemeindeverwaltung Everswinkel und die Mehrheit der verantwortlichen Politiker alle Folgekosten und Folgeschäden einfach aus. Es herrscht so eine Art “demografische Torschlusspanik“. Der Flächenfraß soll noch schnell forciert werden – zu Lasten der Natur, des Klimas und zu Lasten nachfolgender Generationen.

Im Paragraphen 13 b BauGB hat die Gemeinde Everswinkel eine Lücke gefunden, den ökologischen Ausgleich für die erfolgten Eingriffe in die Natur zu verweigern. In diesem Zusammenhang möchte ich auch kurz auf die aktuell erschienene Studie des Pestel-Instituts hinweisen. Hier wird klar, dass in Everswinkel – wenn überhaupt gebaut werden sollte – der soziale Wohnungsbau fehlt, es fehlen Mietwohnungen im unteren Preissegment. Dieser wirkliche Bedarf wird im Bebauungsplan Nr. 58 Königskamp III nur unzureichend berücksichtigt. Er bleibt vage.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass die ökologische und sozial-ökonomische Verantwortung vernachlässigt wird.

Ich werde dem Beschlussvorschlag Bebauungsplan Nr. 58 „Königskamp III“ in dieser Form nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Marion Schniggendiller, B90/Die Grünen