„Hinterzimmerpolitik“ in Sachen Bergkamp III

Mit Beschlüssen in Sachen „Bergkamp III“, die „hinter verschlossenen Türen“ getroffen werden, lassen der Bürgermeister und die Kommunalpolitiker in Everswinkel immer mehr den Verdacht aufkommen, dass unsachliche Motive für die getroffenen Entscheidungen maßgebend gewesen sein könnten. Ganz offensichtlich soll die Öffentlichkeit nicht erfahren, dass sich das in erster Linie für gutsituierte Einfamilienhausinteressenten konzipierte Baugebiet am Ortsrand mehr und mehr zu einem finanziellen Desaster für den kommunalen Haushalt entwickelt.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgte in der Sitzung des Gemeinderates vom 16. Juni 2021 die Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt „Erwerb von Grundstücken aus dem Umlegungsverfahren Bergkamp III durch die Gemeinde Everswinkel“. Der in nichtöffentlicher Sitzung gefasste Beschluss zum Kauf von Grundstücken im Baugebiet „Bergkamp III“ stellt die Gemeinde Everswinkel vor eine besondere finanzielle Herausforderung.

Bodenwertsteigerung in Millionenhöhe für einige Wenige

Mit dem am 12. März 2021 rechtskräftig gewordenen Bebauungsplan und dem Abschluss des Umlegungsverfahrens hat die Gemeinde Everswinkel den bisherigen Eigentümern der landwirtschaftlichen Flächen selbständig bebaubare Grundstücke verschafft. Durch die Aufstellung des Bebauungsplans hat sich das bisher als Ackerland genutzte Areal zu Bauland entwickelt und dadurch eine exorbitante Wertsteigerung erfahren. Die eingetretene Bodenwertsteigerung in Millionenhöhe steht den Eigentümern der im Plangebiet liegenden Flächen zu.

Bei der Ausweisung früherer Baugebiete hatte die Gemeinde Everswinkel die Grundstücke in einem wesentlichen früheren Stadium des Planungsverfahrens erworben und dementsprechend den üblichen Preis für Bauerwartungsland, der nur einen Bruchteil des Preises für Bauland ausmacht, entrichtet. Die Wertsteigerung durch die Entwicklung von Bauerwartungsland zu Bauland wurde dann anschließend von der Kommune abgeschöpft.

Verlust ist von Vielen zu tragen

Die Entscheidung der Gemeinde Everswinkel im Fall „Bergkamp III“ zunächst die Rechtskraft des Bebauungsplans eintreten zu lassen und dann Grundstücke zu Baulandpreisen zu erwerben, bedeutet zum einen, auf eine mögliche kommunale Wertabschöpfung zu verzichten und sie stattdessen den bisherigen Grundbesitzern zukommen zu lassen. Diese Entscheidung bedeutet zugleich aber auch, dass der Ankauf von Grundstücken zu Baulandpreisen durch die Gemeinde zu einem erheblichen Finanzierungsdefizit im kommunalen Haushalt führt.

Die Gewährung der Wertabschöpfung für einige wenige Bodeneigentümer stellt sich aus Sicht der Mehrheit der Everswinkeler Bürger ganz offensichtlich als folgenreiches Verlustgeschäft dar.

Verstoß gegen Kommunalrecht

In der Sitzung des Gemeinderates vom 16. Juni 2021 lagen beim Tagesordnungspunkt „Erwerb von Grundstücken aus dem Umlegungsverfahren Bergkamp III durch die Gemeinde Everswinkel“ keine erkennbaren Anhaltspunkte dafür vor, die Angelegenheit zwingend im nichtöffentlichen Teil durchführen zu müssen.

Die allgemeine Beratung über die Frage, ob Grundstücke von der Gemeinde gekauft werden sollen, die es in der Gemeinderatssitzung ganz offensichtlich zu klären galt, hat öffentlich stattzufinden. [1] Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat deshalb in der Sitzung des Gemeinderates am 16.Juni 2021 auf die Unzulänglichkeit der Behandlung des Tagesordnungspunktes im nichtöffentlichen Teil hingewiesen und eine Änderung der Tagesordnung beantragt.[2]

Die Ablehnung des Antrages und das Beharren auf den Ausschluss der Öffentlichkeit stellen einen eklatanten Verstoß gegen die Vorschriften über die Sitzungsöffentlichkeit dar, da es offenbar keine Einzelheiten eines konkreten Vertragsabschlusses, durch deren Bekanntgabe die Verhandlungsposition der Gemeinde in etwaigen weiteren Vertragsverhandlungen geschwächt werden könnte, zu beraten gab.

Missachtung des Demokratieprinzips

Eine Begründung, warum der Rat der Gemeinde Everswinkel am 16. Juni 2021 über die allgemeine und grundsätzliche Frage, ob Grundstücke aus dem Umlegungsverfahren Bergkamp III gekauft werden sollen, nichtöffentlich verhandelt hat, steht bis heute aus.

Die Angabe von Gründen, weshalb der Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, ist jedoch für die Nachvollziehbarkeit und Rechtmäßigkeit der Entscheidung unabdingbar. Insbesondere bei Grundstücksangelegenheiten muss der Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegen. Die öffentliche Beratung trägt gerade hier dazu bei, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung vorzubeugen und den Anschein zu vermeiden, dass „hinter verschlossenen Türen“ etwa unsachliche Motive für die getroffenen Entscheidungen maßgebend gewesen sein können.[3]

Durch die nichtöffentliche Beratung des Tagesordnungspunktes „Erwerb von Grundstücken aus dem Umlegungsverfahren Bergkamp III durch die Gemeinde Everswinkel“ ohne nachvollziehbare Begründung, wurde den Bürgern die erforderliche Transparenz zur Kontrolle der gewählten Vertreter verwehrt. Dies stellt nichts anderes als eine Missachtung des Demokratieprinzips dar und führt angesichts des hohen Wertes der dem Öffentlichkeitsgrundsatz beigemessen wird, zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse.[4]

Transparenz als Wesenselement der Demokratie

Da in der Sitzung des Gemeinderates am 16. Juni 2021 bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes „Erwerb von Grundstücken aus dem Umlegungsverfahren Bergkamp III durch die Gemeinde Everswinkel“ offenkundig ein Verstoß gegen den Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit vorlag, ist der gefasste Beschluss rechtswidrig.

Um einen regelkonformen Beschluss herbeizuführen und zugleich die Funktion des Öffentlichkeitsprinzips auch in der Gemeinde Everswinkel zu gewährleisten, sollte der rechtswidrig gefasste Beschluss in der nächsten Sitzung des Gemeinderates aufgehoben, öffentlich beraten und unter Teilnahme der Öffentlichkeit erneut gefasst werden.

„Hinterzimmerpolitik“ in nichtöffentlichen Sitzungen führt zu einem weiteren Vertrauensverlust der Bevölkerung. Transparenz als Wesenselement der Demokratie sollte daher auch in Everswinkel stärker als bisher erkannt und die Missachtung des Grundsatzes der Öffentlichkeit – sei es bewusst oder aus Nachlässigkeit – der Vergangenheit angehören.

weiterführende Beiträge:
Kommunalpolitiker als „Lottofee“
Glossar: Bergkamp III

 

[1] Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 – Az.: 5 K 1969/12.
[2] Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Antrag auf Herstellung der Öffentlichkeit.
[3] Oberverwaltungsgericht Schleswig, Beschluss vom 23.5.2003.
[4] Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.04.2015 – III ZR 195/14.