„Wachstumsregion“ ohne nennenswertes Wachstum

„Wir sind eine Wachstumsregion“ lautete die Aussage des Bürgermeisters der Gemeinde Everswinkel vor zahlreichen Kommunalpolitikern der Stadtregion Münster.[1] Um diese populistische Behauptung zu belegen, bemühte er Zahlen aus der Vergangenheit, die allerdings durch die reale Gegenwart längst überholt sind.[2]

Auch in den zwölf Kommunen der Stadtregion Münster ist der demografische Wandel längst angekommen. Nur noch geringfügig steigende Einwohnerzahlen und eine stark veränderte Altersstruktur sind die unübersehbaren Merkmale eines dynamisch voranschreitenden Veränderungsprozesses. 2021 erhöhte sich die Zahl der Einwohner in der Stadt Münster lediglich um 1.310, während die übrigen elf Gemeinden der Stadtregion im vergangen Jahr zusammen einen Zuwachs von gerade einmal 462 Einwohnern zu verzeichnen hatten.

Nebeneinander von Wachstum und Schrumpfung

Nach der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes NRW wird sich der Einwohnerzuwachs in der Stadtregion Münster in den nächsten Jahren weiter drastisch abschwächen.[3] Dabei gibt es ein Nebeneinander von Wachstum und Schrumpfung. Während die Bevölkerung in Münster auf einem niedrigen Niveau weiter wächst, wird die Mehrzahl der übrigen Kommunen der Stadtregion Bevölkerungsverluste hinnehmen müssen. So wird sich auch in der Gemeinde Everswinkel die Einwohnerzahl weiter verringern.[4]

Leider weigern sich immer noch eine Reihe von Bürgermeistern und zahlreiche Kommunalpolitiker diese irreversible Entwicklung zur Kenntnis zu nehmen. Statt die veränderte demografische Entwicklung als Chance zu sehen, folgen sie dem Druck der Immobilienwirtschaft und beharren auf der Ausweisung immer neuer Baugebiete insbesondere für die Bebauung mit Einfamilienhäusern. Dabei wird mit jedem neu errichten Einfamilienhaus der zukünftige Leerstand vergrößert und zugleich die Naturzerstörung und damit auch der Klimawandel forciert.

Raubbau wird manifestiert

Vor diesem Hintergrund ist es verantwortungslos, Dörfer wie Alverskirchen, die bisher durch angemessene raumordnerische Bestimmungen vor der Zersiedelung geschützt waren, zukünftig im Regionalplan als Siedlungsfläche zu deklarieren und sie damit der Ausbeutungslogik des freien Marktes preis zu geben. Dadurch wird sowohl die Zerstörung der dörflichen Strukturen vorangetrieben, als auch der Raubbau an der Münsterländer Parklandschaft zu Lasten der nachfolgenden Generationen manifestiert

 

siehe vertiefend auch:
Stadtregion Münster: Leerstand von morgen vermeiden

Schutzauftrag des Grundgesetzes auch in Alverskirchen endlich ernst nehmen

 

[1] Rede des Bürgermeisters der Gemeinde Everswinkel anlässlich des Rätetreffens der Stadtregion Münster am 18. August 2022 im LWL-Museum für Kunst und Kultur am Münsteraner Domplatz.
Westfälische Nachrichten vom 01. September 2022: „Wir sind eine Wachstumsregion“.
[2] In dem zu zugrunde gelegten Zeitraum 2010 bis 2020 kam es unter anderem durch die Flüchtlingskrise zu starken Zuzügen. Allein im Jahr 2015 stieg die Bevölkerung in der Stadtregion dadurch um 10.765 Einwohner.
[3] Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW): Bevölkerungsentwicklung in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens 2021 bis 2050. Abrufbar unter: https://www.it.nrw/sites/default/files/atoms/files/72b_22.pdf
[4] In der Gemeinde Everswinkel hat sich die Bevölkerung vom 31.12.2017 bis 31.12.2021 bereits um 57 Einwohner verringert. Laut Bevölkerungsvorausberechnung von IT.NRW wird sich der Schrumpfungsprozess in Everswinkel in den nächsten Jahren weiter fortsetzen, so dass die Bevölkerung bis zum Jahr 2040 von 9.634 auf 9.366 (-268) zurückgeht.