Teure Werbekampagne: Das Buhlen um Grundstückskäufer

Mit Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 56 „Königskamp II“ bemühte sich die Gemeindeverwaltung Everswinkel mit einer Reihe von „Marketingmaßnahmen“ die zur Verfügung stehenden Baugrundstücke zu veräußern. Da von den insgesamt 19 Grundstücken bereits zwei Bauplätze während der Rechtskraft des bisherigen Bebauungsplans Nr. 52 „Königskamp“ bebaut worden waren, standen nunmehr 17 Baugrundstücke zur Verfügung, mit denen der bis 2030 prognostizierte Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung befriedigt werden sollte.

Mit den zur Verfügung stehenden 17 Grundstücken sah die Gemeinde nunmehr auch die Chance, die Einnahmesituation des kommunalen Haushalts zu verbessern. Unter fiskalischen Gesichtspunkten ist es daher nur verständlich, dass die Verwaltung sich bemühte, die Flächen so rasch wie möglich an den Markt zu bringen.

„Ein Dorf gibt Vollgas“

In den Westfälischen Nachrichten vom 15. Dezember 2015 heißt es: „Ein Dorf gibt Vollgas“.[1] Berichtet wird von einer „mehrere Zehntausend Euro teuren Image-Kampagne, die Lust aufs Leben auf dem Lande machen soll“.[2] „Im harten Wettbewerb um junge Familien und Unternehmen will die Kommune eine Hauptrolle spielen und hat sich deshalb fürs ganz große Kino entschieden.“[3]

In einem 25-Sekunden-Spot wirbt in Münsters größtem Kino ebenso wie auf XXL-Plakaten, ein junges Paar, das gerade in Alverskirchen gebaut hat, für sein Heimatdorf. Alverskirchen braucht im Speckgürtel von Münster „ein angemessenes Angebot für die Ansiedlung von Neubürgern“[4], lautet die Begründung des Bürgermeisters für das Buhlen um Bewerber für Baugrundstücke.

Ausverkauf der Natur durch Fortsetzung der Kirchturmpolitik

„Erfolge sind bereits messbar: Menschen, die in der Region bauen wollten, wurden durch die Kampagne im richtigen Moment auf uns aufmerksam“, berichtet der Bürgermeister und teilt gleichzeitig mit, dass in Alverskirchen keine freien Grundstücke mehr zur Verfügung stehen.[5]

Der bereits Ende 2015 mit Stolz verkündete „Verkaufserfolg“ von Grundstücken, die laut Begründung des Bebauungsplans bis Ende 2030 für die Deckung des Bedarfs der ortsansässigen Bevölkerung dienen sollten, bestätigt offensichtlich die Verwaltung und die Mehrheit der Kommunalpolitiker in ihrer Ansicht, an der Fortsetzung der bisherigen Kirchturmpolitik festzuhalten.

Regionalplan: „Aber bitte nicht für Alverskirchen“

Die in den Westfälischen Nachrichten unter der Überschrift „Ein Dorf am Scheideweg“ aufgeworfene Frage, ob in Alverskirchen in Zukunft die dem Schutz der Natur dienenden Ziele der Raumordnung eingehalten werden sollen, ist damit erneut mit einem klaren „Nein“ beantwortet worden.[6]

Fast trotzig versuchen die Westfälischen Nachrichten die dem fortschreitenden Flächenverbrauch entgegentretenden Bestimmungen des Regionalplans zu konterkarieren: „An Alverskirchens Kleinwesen soll die Regionalplanung genesen. Die Zukunftsfähigkeit des ganzen Landes soll sich scheinbar in jenem münsterländischen Dorf mit seinen knapp unter 2.000 Einwohnern entscheiden.“[7]

Mahnende Worte der OVG-Richter

Zur Bedeutung des münsterländischen Dorfes Alverskirchen im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des Regionalplans sei hier noch einmal an die mahnenden Worte der Richter des Oberverwaltungsgerichts NRW erinnert:

Der Ortsteil Alverskirchen ist insoweit kein Sonderfall. Vielmehr dürften die Überlegungen der Gemeinde Everswinkel auf viele im Geltungsbereich des Regionalplans gelegene Gemeinden und ihre im Freiraum gelegenen Ortsteile zutreffen. Eine gegebenenfalls konkurrierende flächenmäßige Erweiterung dieser Ortsteile mit dem vorrangigen Ziel, dem Trend des Bevölkerungsrückgangs entgegenzuwirken, würde – zumindest in ihrer gedachten Häufung – die übergeordnete Regionalplanung, die mit der gewollten Siedlungskonzentration nicht zuletzt dem fortschreitenden Flächenverbrauch entgegentreten und dem Umweltgedanken Rechnung tragen will, zwangsläufig scheitern lassen.“[8]

 

Links:
Stichwort im Glossar: „Kirchturmpolitik“
OVG-Urteil vom 18.10.2013

[1] Westfälische Nachrichten vom 15. Dezember 2015, Artikel: Liebesgrüße aus Everswinkel“.
[2] Ebenda.
[3] Ebenda.
[4] Westfälische Nachrichten vom 30. Juni 2017, Artikel: „Puzzlespiel im Platzregen“
[5] Westfälische Nachrichten vom 15. Dezember 2015, Artikel: Liebesgrüße aus Everswinkel“.
[6] Westfälische Nachrichten vom 17. September 2015, Artikel: „Ein Dorf am Scheideweg“.
[7] Westfälische Nachrichten vom 17. September 2015, Artikel: „Ein Dorf am Scheideweg“.
[8] Oberverwaltungsgericht NRW, 10 D 4/11.NE vom 18.10.2013, Seite 21.