Einstimmig für erneuten Rechtsbruch

In der Sitzung des Rates der Gemeinde Everswinkel wurde am 20. März 2018 der Beschluss gefasst, ein Bauleitverfahren durchzuführen, um in Alverskirchen eine am Ortsrand liegende landwirtschaftliche Fläche als Siedlungsfläche zu nutzen. Vor dem Hintergrund, dass im Eigenentwicklungsortsteil Alverskirchen nach der aktuell gültigen Rechtslage zusätzliche Baugrundstücke nur für den Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung ausgewiesen werden dürfen, stellt dieser einstimmig gefasste Beschluss den erneuten Einstieg in ein rechtswidriges Bebauungsplanverfahren dar.

Fläche für das geplante Baugebiet „Königskamp III“

September 2015: Beschluss zur Verkleinerung der Siedlungsfläche

Erst im September 2015 waren die Kommunalpolitiker zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wohnbedarf der Alverskirchener Bevölkerung mindestens bis zum Jahr 2030 durch den Verkauf von 17 Grundstücken im Baugebiet „Königskamp II“ gedeckt werden kann. Etwa die Hälfte des bis dahin völlig überdimensionierten Baugebietes Königskamp I, das ursprünglich 36 Grundstücke für die Erstellung von ca. 80 Wohneinheiten vorsah, wurde deshalb durch eine Änderung des Flächennutzungsplans wieder in eine im Freiraum liegende landwirtschaftliche Nutzfläche verwandelt. Grundlage für diese Entscheidung war ein von der Gemeinde in Auftrag gegebenes Wohnungsbedarfsgutachten.

Ergebnis des damaligen Gutachtens war die eindeutige Aussage, dass die Bevölkerung im Ortsteil Alverskirchen aufgrund veränderter gesellschaftlicher Bedingungen langfristig weiter abnehmen wird. Tatsächlich ist die Bevölkerung trotz der Schaffung zahlreicher zusätzlicher Wohneinheiten weiter rückläufig.

März 2018: Trotz rückläufiger Bevölkerung Beschluss zur Ausweitung der Siedlungsfläche

Auch ein Anfang März dieses Jahres vorgelegtes neues Wohnungsbedarfsgutachten prognostiziert einen weiteren Bevölkerungsrückgang. Paradoxerweise kommt der Gutachter trotzdem zu dem Ergebnis, es würde weitere Siedlungsfläche benötigt. Die Erklärung für diesen Widerspruch ist so einfach wie offensichtlich: Es wurden fiktive Größen bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt, die je nach gewünschtem Ergebnis willkürlich angepasst werden können.[1] Die inhaltlichen Anforderungen, die an eine belastbare Prognose des Bedarfs der ortsansässigen Bevölkerung zu stellen sind, werden damit nicht erfüllt[2].

Der vom Bürgermeister und den Mitgliedern des Gemeinderates gefasste Beschluss basiert somit auf einem Gutachten, das weder methodisch plausibel noch gerichtlich überprüfbar ist.

Mit anderen Worten: Die Gemeinde Everswinkel setzt die Tradition der rechtswidrigen und naturzerstörerischen Ausweisung überdimensionierter Baugebiete im Eigenentwicklungsortsteil Alverskirchen ungeniert fort.

 

[1] Bei der Vorstellung seiner Ergebnisse wies der Gutachter in der Sitzung des Ausschusses für Planung und Umweltschutz am 01. März 2018 darauf hin, dass er auch in seinen Wohnungsbedarfsgutachten von 2014 und 2015 bereits fiktive Berechnungsgrößen in Form einer sogenannten „Wiederbelegungsquote“ und einer sogenannte „Bleibequote“ verwendet habe. Insbesondere die „Bleibequote“ habe er für das aktuelle Gutachten „angepasst“.

[2] Zu den inhaltlichen Anforderungen an eine belastbare Prognose des Bedarfs der ortsansässigen Bevölkerung hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ausführlich Stellung genommen: OVG NW, 10 D 4/11.NE, Urteil vom 18. Oktober 2013, Seite 21.