Beliebigkeit im Umgang mit Zahlen: Wunschgutachten I

In der Sitzung des Bezirksausschusses Alverskirchen teilte die Gemeindeverwaltung am 29. November 2013 mit, dass ein Planungsbüro mit der Erstellung eines Wohnungsbedarfsgutachtens beauftragt worden sei.

Ergänzend wurde zur Jahreswende von der Gemeindeverwaltung eine Bürgerbefragung initiiert, „um den künftigen Wohnbedarf in Alverskirchen auszuloten“. [1]

Das Ergebnis des Wohnungsbedarfsgutachtens Alverskirchen wurde am 19. Februar 2014 in einer gemeinsamen Sitzung des Planungs- und Bezirksausschusses anhand einer Power-Point-Präsentation dargestellt.

Das Gutachten stellt eindeutig fest: Die Zeiten des stetigen Wachstums sind vorbei. Für die zukünftige Entwicklung Alverskirchens sind umfangreiche Flächenpotenziale im Innenbereich vorhanden. Hinzu kommen in einem beträchtlichen Umfang frei werdende Bestandsimmobilien durch Generationenwechsel. Die vorhandenen Potenziale reichen langfristig vollkommen aus, um den Wohnungsbedarf der ortsansässigen Bevölkerung zu decken. Weitere Eingriffe in die Natur durch zusätzliche Flächeninanspruchnahme im Freiraum sind bei sachgerechter Betrachtung nicht erforderlich.

Da aber bereits vor der Erstellung des Wohnungsbedarfsgutachtens die Entscheidung zur Aufstellung eines neuen Bebauungsplans gefallen war, hatte die Gemeinde den Wunsch, ein Prognoseergebnis zu erhalten, das einen Bedarf zur Bebauung von 19 Baugrundstücken „plausibel“ erscheinen lässt.

Durch das Einfügen einer willkürlichen „Bleibequote“ und einer in ihrer Höhe ebenso willkürlich gewählten „Wiederbelegungsquote“ wurde aus einem Wohnungsüberhang ein Wohnungsbedarf „errechnet“.

Trotz der Komplexität und der erstmaligen Auseinandersetzung mit einem Wohnungsbedarfsgutachten war die Mehrheit der Kommunalpolitiker in der Sitzung des Bezirksausschusses innerhalb weniger Minuten in der Lage, ein  Urteil über das umfangreiche Zahlenwerk abzugeben.

Der Vorsitzende des Bezirksausschusses erklärte, „dass es wichtig sei, der Verwaltung heute einen Auftrag für eine neues Plangebiet bzw. Planverfahren zu erteilen“.[2] Der Ausschuss fasste daraufhin mehrheitlich folgenden Beschluss:

„Zur Entwicklung eines Allgemeinen Wohngebietes nord-westlich der Ortslage Alverskirchens soll gemäß § 2 Abs. 1 BauGB ein Bebauungsplan Nr. 56 „Königskamp II“ mit etwa 19 Bauplätzen aufgestellt werden.“ [3]

Link:
Bevölkerungsprognose 2015-2030
Wohnungsbedarf 2015-2030

 

[1] Die Glocke vom 31. Dezember 2013: Schockstarre folgt OVG-Urteil.
[2] Gemeinde Everswinkel, Niederschrift über die Sitzung des Bezirksausschusses Alverskirchen vom 19. Februar 2014, Seite 5.
[3] Ebenda, Seite 5.