Gewerbeflächen Everswinkel: Klotzen statt kleckern

https://alfred-wolk.de/wp-content/uploads/2023/05/2023-05-04-Gier-nach-Gewerbeflaechen.pdfMit der umgangssprachlichen Redewendung „klotzen statt kleckern“ wird ausgedrückt, dass sich jemand keinesfalls mit Kleinigkeiten aufhält, sondern eine Sache gleich ganz groß aufzieht. Mit dieser Devise will der Bürgermeister der Gemeinde Everswinkel weiteres Gewerbeflächenpotenzial erschließen. Gleich 390.000 qm (39 ha) hat er ohne bisher den Gemeinderat, geschweige denn die Öffentlichkeit an dem Vorhaben in dieser Größenordnung zu beteiligen, im Rahmen der Änderung des Regionalplans beantragt.

Dem inzwischen veröffentlichen Entwurf der Regionalplanänderung ist zu entnehmen, dass dem Wunsch des Everswinkeler Bürgermeisters entsprochen wird.[1]

Gebietsbezeichnung: WAF-EVER-004
Potenzialbereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB-P)[2]

Nördlich der L 793 und westlich der K 19 soll die Gier nach Gewerbefläche möglichst rasch befriedigt werden. Erste finanzielle Rücklagen zum Ankauf der Fläche wurden im Gemeindehaushalt 2022 und auch 2023 gebildet. Für den fehlenden Restbetrag wird dann vermutlich im Haushalt 2024 ein weiterer Griff in die „Portokasse“ erfolgen.

Den Niederschriften zu den Haushaltsberatungen ist zu entnehmen, dass die Kommunalpolitiker weder danach gefragt haben, welche Flächen der Bürgermeister mit den zur Verfügung gestellten Mitteln anzukaufen beabsichtigt, noch abgeklärt wurde, ob weitere Finanzmittel erforderlich sind. Ganz zu schweigen von der Frage, welche Kosten im Rahmen der Erschließung aus dem gemeindlichen Budget aufzubringen sind.

Nach wie vor gilt ganz offensichtlich für die Mehrheit der Kommunalpolitiker in Everswinkel das Motto: „Wir vertrauen dem Bürgermeister“.

Lediglich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat im April 2022 den Versuch unternommen, mit einem „Leitbild für die nachhaltige Gestaltung von Gewerbeflächen in Everswinkel“ die Möglichkeit zu schaffen, die irreversiblen „Kollateralschäden“, die ein Gewerbegebiet für die Menschen und die Umwelt mit sich bringt, ein wenig zu begrenzen. Das Ansinnen der „Grünen“ wurde von den Vertretern der CDU, SPD und FDP unisono abgelehnt, da die geforderte ökologische Aufwertung einer Gewerbefläche die Unternehmen von möglicherweise beabsichtigten Investitionen in Everswinkel abschrecken könnte.[3]

Ebenso wie bei der Ausweisung von überdimensionierten Wohnbauflächen[4] hofft die Gemeinde Everswinkel auch mit der Ausweisung eines überdimensionierten Gewerbegebietes den aberwitzigen Wettbewerb um Einwohner und Gewerbebetriebe gewinnen zu können. Da aber die Nachbarkommunen überwiegend eine identische Strategie verfolgen, kann es bei diesem Wettbewerb keinen Gewinner geben. Es gibt lediglich einen ganz großen Verlierer: die Natur.

Statt weiterhin dem „Flächenfraß“ zu frönen und damit im wahrsten Sinne des Wortes den nächsten Generationen den Boden unter den Füßen zu entziehen, sollte auch in Everswinkel sowohl beim Wohnungsbau als auch bei der Gewerbeflächenausweisung über eine interkommunale Zusammenarbeit nachgedacht und möglichst rasch auch praktiziert werden.

Das hat zum einen enorme fiskalische Vorteile für die Gemeinde Everswinkel und trägt zum anderen zu der gesamtgesellschaftlich gewünschten Reduzierung des Flächenverbrauchs bei.[5]

Siehe hierzu auch den Leserbrief vom 04. Mai 2023: Gier nach Gewerbflächen

[1] Bezirksregierung Münster: Dokumentationsbögen GIB-P im Kreis Warendorf, Dezember 2022, Seite 138.
Abrufbar unter: https://www.bezreg-muenster.de/de/service/bekanntmachungen/verfahren/regionalplanung/regionalplan_muensterland/_ablage/dokumentation/4_4e_Planunterlagen_RPL_MSL_Dokuboegen_GIB-P_Kreis_Warendorf.pdf
[2] Ebenda.
[3] Gemeinde Everswinkel: Niederschrift der Sitzung des Ausschusses für Planung, Umwelt- und Klimaschutz vom 27. April 2022, Seite 13.
[4] Siehe Wolk, Alfred: Regionalplanänderung entpuppt sich als Schreckgespenst für Alverskirchen.
[5] Anmerkung: Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Flächenverbrauch auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. Inzwischen hat die Bundesregierung die Zielsetzung der Europäischen Kommission aufgegriffen und strebt bis 2050 sogar das Flächenverbrauchsziel Netto-Null (Flächenkreislaufwirtschaft) an.