Zum neunten Mal in Folge stimmte der Rat der Gemeinde Everswinkel einem Jahresabschluss zu, in dem ein Fehlbetrag ausgewiesen wurde. Der mit dem Jahresabschluss 2017 festgestellte Verlust betrug rund 1,1 Millionen Euro.
Zwar werden die Gewerbesteuereinnahmen im laufenden Haushaltsjahr voraussichtlich den geplanten Ansatz überschreiten, dennoch geht die Kämmerin für 2018 von einem Rekordverlust in Höhe von 1,64 Millionen Euro aus.
Obwohl Everswinkel zu den Gemeinden in Nordrhein-Westfalen gehört, die eine überdurchschnittlich hohe Steuerkraft aufweisen, gelingt es der Verwaltung und den Kommunalpolitikern nicht, eine weitere Vernichtung des kommunalen Eigenkapitals zu verhindern. Inzwischen hat sich das Eigenkapital der Gemeinde bereits um rund 5 Millionen Euro verringert. Mit anderen Worten: Die Gemeinde hat in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Teil des Vermögens seiner Bürger vernichtet.
Ein Ende der kommunalen Kapitalvernichtung ist in Everswinkel nicht in Sicht. Im Gegenteil: Verwaltung und Gemeinderat sind fest entschlossen die gemeindlichen Aufwendungen dauerhaft vor allem durch die Ausweisung weiterer Baugebiete in die Höhe zu treiben. Der einmal eingeschlagene Irrweg soll fortgesetzt werden.
Vor dem Hintergrund einer zukünftig weiter abnehmenden Bevölkerung hatte die Gemeinde in den vergangenen Jahren immer wieder neue Baugebiete ausgewiesen, um damit junge Familien aus den Nachbarkommunen „anzulocken“. Verbunden war damit insbesondere die Hoffnung, zusätzliche Steuereinnahmen zu generieren.
Ergebnis dieser „Kirchturmpolitik“: Es wurden in erheblichem Umfang landwirtschaftlich genutzte Flächen als zusätzliche Siedlungsflächen am Ortsrand in Anspruch genommen und seit dem Jahr 2004 mehr als 800 neue Wohneinheiten geschaffen. Da die Zahl der Einwohner sich in diesem Zeitraum kaum verändert hat und lediglich in Folge der Zuweisung von Flüchtlingen nahezu konstant gehalten werden konnte, stehen nun jedem Einwohner in Everswinkel im Durchschnitt 10,63 Quadratmeter zusätzliche Wohnfläche zur Verfügung.[1]
Durch die Ausweisung neuer Baugebiete zu Schaffung weiterer Wohnflächen für immer weniger Bürger findet nicht nur eine sinnlose Naturzerstörung statt. Die entstehenden Infrastrukturfolgekosten wie z. B. Straßenbeleuchtung, Grünpflege und Kanalunterhaltung sind von einer stetig kleiner werdenden Zahl von Bürgern zu zahlen. Die Aufwendungen für den einzelnen Bürger werden sich also unweigerlich drastisch erhöhen und auch der kommunale Haushalt wird weiterhin strukturell unausgeglichen bleiben.
Bereits in einem Artikel vom 16.08.2011 wurde in den „Westfälischen Nachrichten“ unter dem Titel „Münster wächst, Umlandgemeinden verlieren Bürger“ auf den seit 2004 in Everwinkel stattfindenden Schrumpfungsprozess hingewiesen.[2] Dieser Schrumpfungsprozess wird durch die Flüchtlingskrise lediglich gedämpft, aber dauerhaft nicht aufgehalten.[3] „Innerhalb des Zeitraums von 25 Jahren werden ca. 13.000 Menschen weniger im Kreis Warendorf leben“ teilte die Kreisverwaltung kürzlich mit.[4]
Ein „Weiter so wie bisher“ mit der Ausweisung immer neuer Baugebiete zeugt vor diesem Hintergrund nicht nur von einer ungeheuerlichen Respektlosigkeit gegenüber der Natur. Im Hinblick auf den kommunalen Haushalt käme dies auch einem „kollektiven Suizidversuch“ gleich.
Der demographische Wandel ist eine gesellschaftliche Herausforderung, der sich auch die Verwaltung und die Kommunalpolitiker der Gemeinde Everswinkel stellen müssen.
[1] Vgl. hierzu den Beitrag vom 18.07.2018 „Zahl der Wohnungen auf neuem Höchststand“.
[2] Westfälische Nachrichten, Artikel vom 16.08.2011: „Metropole boomt – Speckgürtel schmilzt“.
[3] Vgl. Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 021 vom 20.01.2016, https://www.destatis.de/-DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2016/01/PD16_021_12421.html
[4] Kreis Warendorf (Hrsg.): Kommunale Pflegeplanung 2018, Juni 2018, Seite 11, http://www.kreis-warendorf.de/w1/fileadmin/user_upload/Internetversion_Pflegeplanung_2018.pdf