Everswinkel: Armutszeugnis für Verwaltung und Kommunalpolitiker

Mit der finanzwirtschaftlichen Situation der Gemeinde Everswinkel hat sich aktuell die Gemeindeprüfungsanstalt des Landes Nordrhein-Westfalen befasst.[1]  In dem vorgelegten Prüfbericht wird der Verwaltung und den Kommunalpolitikern geradezu ein Armutszeugnis ausgestellt. Das Fazit der Prüfer gipfelt in der Feststellung:

Trotz überdurchschnittlicher Steuerkraft gelingt es der Gemeinde nicht, den Haushalt auszugleichen. Die Haushaltssituation ist seit 2009 durchgängig defizitär. Konsolidierungserfolge sind nicht erkennbar.

Weiter heißt es in dem Prüfbericht:

Gegenüber der Eröffnungsbilanz ist das Eigenkapital bereits um mehr als fünf Millionen Euro (17 Prozent) zurückgegangen und wird sich voraussichtlich auch in den nächsten Jahren stetig weiter verringern.

Die Verschuldung ist um rund 40 Prozent höher als sechs Jahre zuvor. Die Verwaltung ist nicht durchgehend in der Lage, die zur Aufgabenerledigung erforderliche Liquidität aus der laufenden Verwaltungstätigkeit sicherzustellen.

Die Ursache für die desaströse finanzwirtschaftliche Situation sieht die Gemeindeprüfungsanstalt unter anderem in der Tatsache, dass Everswinkel im Vergleich zu anderen Kommunen freiwillige Leistungen auf hohem Niveau erbringt. Mit anderem Worten: Die Gemeinde erbringt Leistungen, zu denen sie nicht verpflichtet ist und für die finanzielle Mittel nicht vorhanden sind.

Exemplarisch wird dies von den Prüfern insbesondere an den beiden folgenden Sachverhalten erläutert:

Im Sportbereich zeigt sich die Gemeinde Everswinkel großzügig. Die Höhe der Zuschüsse/Kostenerstattungen sollte die Gemeinde Everswinkel überdenken. Die Gemeinde erhebt weder bei den Sporthallen noch bei den Sportplätzen Nutzungsentgelte. Der Vereinssport ist eine freiwillige Leistung, an der sich die Vereine beteiligen sollten.

Für die Schülerbeförderung gibt die Gemeinde Everswinkel mit ca. 353.000 Euro relativ viel aus. Die Schulwegsaufwendungen je beförderten Schüler liegen deutlich über denen der meisten Vergleichskommunen. Vor dem Hintergrund der insgesamt sehr hohen Aufwendungen für die Schülerbeförderung sollte die Gemeinde Everswinkel die Praxis der Übernahme freiwilliger Aufwendungen nochmals überdenken. Dies gilt auch vor dem Aspekt, dass zukünftig eventuell noch Taxen bzw. Mietwagen zur Grundschule Alverskirchen eingesetzt werden sollen. Dies würde voraussichtlich zu weiter steigenden Aufwendungen führen.

Die Prüfer fordern die Verwaltung und die Kommunalpolitiker unmissverständlich auf, die freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen. Die Kommune könne zwar im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts entscheiden, freiwillige Leistungen weiter zu erbringen. In diesem Fall hat sie jedoch über „Kompensationsmaßnahmen einen strukturell ausgeglichenen Haushalt sicherzustellen“. Schlussfolgerung: Die Leistungen werden entweder reduziert oder die Bürger werden durch höhere Steuern, Beiträge und Nutzungsentgelte zur Kasse gebeten.

Sorge bereitet den Prüfern vor allem auch die Tatsache, dass die Gemeinde nicht in der Lage ist, durch entsprechende Investitionen den Wert des Infrastrukturvermögens und insbesondere den Wert des Straßenvermögens sicherzustellen. „Das Infrastrukturvermögen, hier die Verkehrsflächen, ist für die langfristige Aufgabenerfüllung der Gemeinde
Everswinkel notwendig. Daher ist es wichtig, in ausreichendem Maße in dieses Vermögen zu investieren.“

Bereits 2012 hatte die Gemeindeprüfungsanstalt festgestellt, dass die Abnutzungen bei den Straßen auf Maßnahmen hinweisen, die die künftige „Haushaltssituation belasten werden. Ein Werteverzehr ohne entsprechende Ersatzinvestitionen birgt ein finanzielles Risiko in zukünftigen Jahren, da das Infrastrukturvermögen von der Gemeinde zur Verfügung gestellt und auch insbesondere im Hinblick auf die Verkehrssicherungspflicht in einem funktionsfähigen Zustand erhalten werden muss.“[2]

Die Gemeindeprüfungsanstalt richtet in ihrem Bericht den dringenden Appell an Verwaltung und Kommunalpolitiker: Everswinkel sollte Konsolidierungsmaßnahmen einleiten und die Liquiditätslage verbessern. Die Prüfer empfehlen, die Ertragspotenziale im Bereich Steuern, Gebühren und Beiträge besser auszuschöpfen und bei der Erneuerung von Gemeindestraßen und insbesondere Wirtschaftswegen die Anlieger zu beteiligen.[3]

Der Bürgermeister reagierte prompt auf die Ergebnisse und Empfehlungen der überörtlichen Prüfung: „Wir nehmen die Prüfergebnisse sehr ernst.“[4]  Immerhin.

 

[1] Vgl. Gemeindeprüfungsanstalt NRW: Überörtliche Prüfung, Vorbericht der Gemeinde Everswinkel im Jahr 2017, vorgestellt in der Sitzung des Gemeinderates am 12.07.2018, abrufbar unter: www.gpanrw.de.
[2] Vgl. Bericht über die überörtliche Prüfung der Gemeinde Everswinkel 2012.
[3] Anmerkung: Die kursiv gedruckten Texte sind den Prüfberichten entnommen.
[4] Artikel in „Die Glocke“ vom 30.07.2018: Üppige Zuwendungen an Vereine belasten den Haushalt.