Demographischer Wandel in Alverskirchen angekommen

Trotz der Fertigstellung zahlreicher zusätzlicher Wohneinheiten durch Innenentwicklung und der Bebauung des Plangebietes „Königskamp II“, ist die Bevölkerung im Ortsteil Alverskirchen in den vergangenen Jahren zurückgegangen.

Die Ergebnisse des aktuellen Wohnungsbedarfsgutachtens bestätigen nicht nur die Tendenz der bisherigen Annahmen, sondern verdeutlichen, dass die Bevölkerung viel stärker als bisher erwartet abgenommen hat und stärker abnehmen wird als bisher prognostiziert.[1]

Offensichtlicher kann ein Gutachten wohl kaum zum Ausdruck bringen, dass der demographische Wandel auch im Ortsteil Alverskirchen der Gemeinde Everswinkel angekommen ist.

Veränderte Entwicklungsdynamik

Im Vergleich zu den Vorgängerstudien offenbart das aktuelle Gutachten eine deutlich veränderte Entwicklungsdynamik. Sowohl für die Modellvariante „Trend mit Neubau“ als auch für die Basisvariante „Minimale Eigenentwicklung“ wird bis 2030 ein wesentlich höherer Bevölkerungsrückgang als bisher angenommen.[2]

„Ausgehend von einer Basisbevölkerungszahl von 1.913 Personen am 31.12.2017 geht die Bevölkerungszahl bis 2030 bei Variante 1 „Trend mit Neubau“ auf 1.781 (-7%) und bei der Variante 2 „Minimale Eigenentwicklung“ auf 1.764 Personen (-8%) zurück.“[3]

Der mit dem aktuellen Gutachten wesentlich höhere Bevölkerungsrückgang ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die in den bisherigen Gutachten gemachten Annahmen hinsichtlich der Wanderungsbewegungen (Zuzüge und Fortzüge) tatsächlich nicht eingetroffen sind. Der Gutachter macht hierzu folgende Aussage:

„Während die jährliche Zahl der zugezogenen Personen im Stützzeitraum 2008 – 2012 schwankend war, ist im aktuellen Stützzeitraum eine kontinuierlich zurückgehende Zuwanderung zu erkennen. Die Zahl der fortziehenden Personen ist hingegen gestiegen.“[4]

Ursächlich für die erkennbare Entwicklungsdynamik ist nach den Ergebnissen des Gutachtens neben dem zukünftig hohen Sterbeüberschuss aufgrund der ungünstigen Altersstruktur insbesondere die kontinuierlich zurückgehende Zuwanderung bei gleichzeitigem Anstieg der fortziehenden Personen.[5]

Altersumbau nicht aufzuhalten

Eine Betrachtung der Entwicklung nach Altersgruppen zeigt, dass Zuwachsraten im Prognosezeitraum lediglich in der Altersgruppe ab 60 Jahre zu verzeichnen sind, während sich der Rückgang in den jüngeren Altersgruppen bis zum Prognoseende fortsetzt.

Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht den gravierenden Altersumbau der Bevölkerung in Alverskirchen. [6]

Im gesamten Betrachtungszeitraum steht dem Verlust in Höhe von -382 Einwohnern in den Altersgruppen 0 bis 59 ein Zuwachs in Höhe von +243 Einwohnern in den Altersgruppen 60 – 99 gegenüber.

Bevölkerungsrückgang beeinflusst Wohnungsnachfrage

Der fortschreitende Bevölkerungsrückgang und die massiven Veränderungen innerhalb der Altersjahrgänge zeigen, dass der demographische Wandel stattfindet – auch in Alverskirchen.

Diese Tatsache wird auch das Nachfragepotenzial nach Wohnungen in Alverskirchen maßgeblich beeinflussen.

Die Ausweisung weiterer Siedlungsfläche mit Hilfe des Bebauungsplans Nr. 58 „Königskamp III“ zur Fortsetzung der bisherigen „Kirchturmpolitik“ ist daher weder nachhaltig noch effizient. Der Versuch, sich durch den Ausverkauf der Natur zu Dumping-Preisen gegenüber den Nachbarkommunen Vorteile zu verschaffen, ist zum Scheitern verurteilt. Sie führt zu Problemen, die von den nachfolgenden Generationen kaum zu bewältigen sein werden.

Durchwurstelei nicht zielführend

Es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und zu hoffen, dass die Probleme mit Durchwurstelei gegen alle Regeln und Gesetze der Raumordnung mit politischer Rückendeckung der Bezirksregierung vorübergehen.

Es wird den politischen Akteuren auf kommunaler Ebene dauerhaft nicht möglich sein, sich den Realitäten des demographischen Wandels, der sich nicht nur im Ortsteil Alverskirchen vollzieht, zu verweigern.

In den Landkreisen des Münsterlandes wird nach der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2040 eine Schrumpfung um über 43.000 Personen zu verzeichnen sein. Grundlage dieses Rückgangs ist überall ein deutlich ansteigender Sterbefallüberschuss, der auch durch Wanderungsbewegungen nicht ausgeglichen werden kann. Ebenso ist der Trend des Älterwerdens in allen Münsterlandkreisen stark erkennbar.[7]

Demographischen Wandel als Chance begreifen

„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“, hat Ingeborg Bachmann geschrieben.[8] Der Satz sollte möglichst bald von den Akteurinnen und Akteuren der Kommunalpolitik akzeptiert und konsequent im politischen Alltag umgesetzt werden.

Durch die gesellschaftlichen Veränderungen infolge des demographischen Wandels ist Wachstum nicht mehr das Prinzip der Zukunft. Statt schleichendem Verlust an Lebensqualität durch immer neue Siedlungen am Ortsrand bietet sich gerade in einem kleinen Ort wie Alverskirchen die Möglichkeit, den demographischen Wandel auch als Chance zu begreifen.

Der Verzicht auf die Ausweisung immer neuer Siedlungsfläche ist nicht nur nachhaltig für die Natur, sondern trägt auch zum Erhalt der dörflichen Strukturen bei. Durch die Stabilisierung gut funktionierender familiärer und nachbarschaftlicher Netzwerke kann der Paradigmenwechsel zu einer qualitativen Entwicklung nach dem Motto „Mehr Dorf für weniger Menschen“ gelingen.

Wird diese Chance genutzt, bleibt auch das Dorf Alverskirchen inmitten der Münsterländer Parklandschaft zukunftsfähig und für die nachfolgenden Generationen ebenso lebens- und liebenswert, wie für die jetzigen Bewohner.


[1]Gemeinde Everswinkel: Gutachten „Wohnungsbedarf in
Alverskirchen, Fortschreibung 2018, Januar 2018, (abrufbar unter: https://www.o-sp.de/everswinkel/plan?pid=38943).
[2] Ebenda, Seite 19.
[3] Ebenda, Seite 19.
[4] Ebenda, Seite 18.
[5] Vgl. ebenda, Seite 10.
[6] Die Daten wurden zusammengestellt aus den Angaben des Gutachtens 2014 und des Gutachtens 2018, Variante „Minimale Eigenentwicklung“ (2008 – 2017 = Vergangenheitswerte, 2017 – 2030 = Prognosewerte).
[7] Vgl. Bezirksregierung Münster: Sitzungsvorlage 24/2015 der Sitzung des Regionalrats vom 22.06.2015, Seite 5 (abrufbar unter: http://www.bezreg-muenster.de/de/regionalrat/    archiv_der_sitzungen/0190_sitzung_22062015/TOP_06_SV_24_.pdf).
[8] Bachmann, Ingeborg: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Essays, Reden, Kleinere Schriften, 2011.