Fortsetzung der desaströsen Haushaltspolitik

Zu den Grundsätzen des kommunalen Haushaltsrechts gehört es, den Haushalt ausgeglichen zu gestalten. Der Haushaltsausgleich ist kein Selbstzweck. Durch einen guten und wirtschaftlichen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen soll das Eigenkapital erhalten bleiben, um die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Kommune zu gewährleisten.

Gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz, einen Substanzverlust zu vermeiden, wird in Everswinkel schon seit einigen Jahren zu Lasten der nachfolgenden Generationen verstoßen.

Mit der Verabschiedung des Haushalts 2021 und der mittelfristigen Finanz- und Ergebnisplanung bis 2024 hat die Mehrheit der Everswinkeler Kommunalpolitiker entschieden, auch in den nächsten Jahren mehr Geld auszugeben, als Einnahmen vorhanden sind.

Der prognostizierte Jahresfehlbetrag für 2020 liegt bei -1.738.200 €.“[1]

Auch für die Jahre 2021 bis 2024 geht der Bürgermeister von weiteren Defiziten in Millionenhöhe aus:[2]

Durch die Fortsetzung der rechtswidrigen Haushaltspolitik wird sich bis zum Ende des Planungszeitraums das kommunale Eigenkapital voraussichtlich um rund 33% verringert haben.

Die Verringerung des Eigenkapitals in Höhe von 33% bedeutet nichts anderes, als dass die Everswinkeler Bürger etwa 1/3 ihres gemeinschaftlichen Vermögens verloren haben und dass damit die künftigen Handlungsmöglichkeiten immer weiter eingeschränkt werden.

Nach wie vor sind weder der Bürgermeister, noch die Mehrheit der Kommunalpolitiker bereit, durch ein selbst verordnetes Sparprogramm den gesetzlich vorgeschriebenen Haushaltsausgleich anzustreben. Stattdessen wird resignativ gebetsmühlenartig behauptet

„An diesen schlechten Zahlen können wir nichts Grundlegendes ändern.“[3]

Offener kann ein Kommunalpolitiker die Bankrotterklärung für eine nachhaltige Gemeindepolitik wohl kaum aussprechen.

Fehlende Bereitschaft zur Ausgabenreduzierung

Statt durch eine Politik der Haushaltskonsolidierung dauerhaft den Handlungsspielraum der Kommune zu sichern, um eigenverantwortlich agieren zu können, wurde in Everswinkel auf durchaus mögliche Ausgabenreduzierungen verzichtet. Gleichzeitig wurden sogar zusätzliche Ausgabenerhöhungen beschlossen, die zu einer weiteren Verschlechterung der finanzwirtschaftlichen Situation führten.

So wurden in den Haushaltsplänen 2013 bis 2019 insgesamt 75.000 € für Marketingmaßnahmen veranschlagt. Die Kommunalpolitiker sahen es in Anbetracht der seit Jahren rückläufigen Einwohnerentwicklung als notwendig an, eine kostspielige Marketingkampagne zu starten, um im Wettbewerb der Kommunen die Gemeinde Everswinkel positiv darzustellen.[4]

Nach dem Motto von Dieter Hallervorden „Gute Ware verkauft sich, nur schlechte bedarf der Reklame“ wurden 2013 vielfältige Werbemaßnahmen gestartet.

Die Entscheidung für eine teure Imagekampagne vor dem Hintergrund eines seit Jahren defizitären Haushalts, zeigt nicht nur ein fragwürdiges Agieren der Kommunalpolitiker in finanzwirtschaftlicher Hinsicht, sondern verdeutlicht auch die Hilflosigkeit im Umgang mit der demografischen Entwicklung.

Der nach wie vor beim Everswinkeler Bürgermeister und der Mehrheit der Kommunalpolitiker verbreitete Irrglaube, den zukünftig verstärkt zu Tage tretenden demografischen Veränderungen durch das Anwerben von jungen Menschen aus den Nachbarkommunen begegnen zu können, ist Ursache für eine Reihe weiterer kommunalpolitischer Fehlentscheidungen mit gravierenden Folgen für den gemeindlichen Haushalt.

Stetige Erhöhung der Infrastrukturkosten

„Die Herausforderungen für die nächsten Jahre sind so immens groß, dass wir uns, was unsere Infrastruktur betrifft, in erster Linie auf deren Erhalt konzentrieren müssen. Davon abweichen sollten wir nur in besonders begründeten Ausnahmen.“[5]

Leider stellte sich die von den Kommunalpolitikern formulierte Forderung als reines Lippenbekenntnis heraus. Die Investitionen zur Schaffung zusätzlicher Infrastruktur waren in den vergangenen Haushaltsjahren keinesfalls die „begründete Ausnahme“, sondern eher die selbstverständliche Regel. Folge: Die hohen Investitionsauszahlungen führten sowohl zu einer enormen Belastung des Finanzhaushalts, als auch infolge der zwangsläufig entstehenden Infrastrukturfolgekosten zu einer zusätzlichen dauerhaften Belastung des Ergebnisplans.

Bereits in seiner Haushaltsrede im November 2012 machte der Bürgermeister eindringlich auf die Notwendigkeit von Konsolidierungsmaßnahmen im Bereich der Sportinfrastruktur aufmerksam.[6]

In den Medien fand der Konsolidierungsappell des Bürgermeisters entsprechende Beachtung:

„Kein Euro mehr für Sportstätten“[7]
„Kein Geld für neue Standards“[8]

Ein Blick in die Haushaltsplanentwürfe, die nach den „Konsolidierungshoffnungen“ des Bürgermeisters beschlossen wurden, zeigt jedoch, dass die Kommunalpolitiker trotz des immer enger werdenden finanziellen Spielraums den Sportvereinen kaum einen Wunsch abschlagen können. Nach wie vor erfolgen enorme Investitionen, um den landesweiten Spitzenplatz in Sachen Sportstättenausstattung weiter auszubauen.

Auch im Rahmen der diesjährigen Haushaltsberatungen wurde einem Antrag stattgegeben, der Investitionszahlungen für den weiteren Ausbau der Sportinfrastruktur vorsieht.[9]

Das Baugebiet „Bergkamp III“ als Vabanquespiel

Der Haushaltsplanentwurf 2021 zeigt, welche finanziellen Folgen allein die vom Bürgermeister vorangetriebene Entwicklung des Baugebietes „Bergkamp III“ in den nächsten Jahren für den kommunalen Haushalt und damit für die Everswinkeler Bürger haben wird.

Als Ergebnis des Vergleichs der für den Planungszeitraum 2021 bis 2024 im Haushalt abgebildeten Ein- und Auszahlungen ergibt sich ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 4.525.000 €.[10]

In einer dem Gemeinderat in der Sitzung am 15. Dezember 2020 unterbreiteten Tischvorlage weist der Bürgermeister ausdrücklich darauf hin, dass es sich sowohl bei den Investitionsauszahlungen, als auch bei den Investitionseinzahlungen im Zusammenhang mit dem Baugebiet „Bergkamp III“ um fiktive Beträge handelt. Da die Eigentumsverhältnisse im „Bergkamp III“ aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Umlageverfahrens zur Zeit noch völlig unklar sind, „steht weder fest, wie hoch der Verkaufspreis sein wird, noch wie viel Fläche der Gemeinde zufallen wird.“[11]

Der von der Mehrheit des Gemeinderates verabschiedete Haushalt 2021 beinhaltet de facto Einzahlungen und Auszahlungen im Zusammenhang mit dem Baugebiet „Bergkamp III“, die nach dem Belieben des Bürgermeisters in ihrer Höhe „geschätzt“ worden sind und die nach den eigenen Aussagen des Bürgermeisters jeder Kalkulationsgrundlage entbehren.

Mit anderen Worten: Der Bürgermeister und die Kommunalpolitiker betreiben in Sachen „Bergkamp III“ ein Vabanquespiel.

Spätestens an dieser Stelle sind Zweifel an dem rechtskonformen Zustandekommen des gemeindlichen Haushalts mehr als angebracht.

Konsolidierungsmaßnahmen zwingend erforderlich

Zur Erfüllung der Aufgaben zum Wohle ihrer Einwohner ist für die Gemeinde eine sachgerechte Aufstellung des gemeindlichen Haushalts unabdingbar. Um die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde ausgewogen zu gewährleisten, sind die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen des Haushaltsrechts einzuhalten.

Der Haushaltsplanentwurf 2021 der Gemeinde Everswinkel verstößt in eklatanter Weise gegen allgemein anerkannte Haushaltsgrundsätze. So ist insbesondere weder der Grundsatz der „Sparsamkeit“ und „Wirtschaftlichkeit“ gewährleistet, noch der Grundsatz der Transparenz. Ein transparenter Haushaltsentwurf hat auch die negativen Folgen einer Investitionsentscheidung, wie sie offenbar im Fall „Bergkamp III“ vorliegen, sichtbar zu machen.

Vor dem Hintergrund der Missachtung des im kommunalen Haushaltsrecht  verankerten Leitziels der Generationengerechtigkeit und der Außerachtlassung gesetzlicher Haushaltsgrundsätze ist der Haushaltssatzung 2021 der Gemeinde Everswinkel die Zustimmung durch die Kommunalaufsichtsbehörde zu verweigern.

In Anbetracht der weiteren absehbaren Verschlechterung der gemeindlichen Haushaltslage, wie sie sich in der mittelfristigen Finanz- und Ergebnisplanung bis 2024 offenbart, sind von der Kommunalaufsicht nunmehr konsequente Konsolidierungsmaßnahmen einzufordern.

Gefragt ist in der Gemeinde Everswinkel eine verantwortliche, dem Wohle des Bürgers dienende Sachpolitik, die sich auch nicht davor scheuen darf, unangenehme Entscheidungen treffen zu müssen. Die Bürger Everswinkels haben ein Recht darauf, dass Bürgermeister und Gemeinderat eine seriöse und nachhaltige kommunale Haushaltspolitik betreiben. Eine der Generationengerechtigkeit verpflichtete gemeindliche Finanzwirtschaft ist vor dem Hintergrund sowohl der demografischen Veränderungen, als auch in Anbetracht der Herausforderungen des kommunalen Klimaschutzes dringender denn je.

Link: Anschreiben
Link: Kommunalaufsichtsbeschwerde gegen den Haushalt 2021

weiterführende Beiträge:
Kommunalpolitiker als „Lottofee“
Bürgermeister verweigert Recht auf Beratung und Abstimmung

 

[1] Gemeinde Everswinkel, Haushaltsplan 2021, Seite 14.
[2] Gemeinde Everswinkel: Anlage 1 zu Vorlage 131/2020 zur Sitzung des Gemeinderates am 15. Dezember 2020.
[3] Ebenda, Seite 5.
[4] Haushaltsrede der CDU-Fraktion in der Sitzung des Rates der Gemeinde Everswinkel am 18. Dezember 2012, Seite 5.
[5] Haushaltsrede des Bürgermeisters Ludger Banken zur Einbringung der Haushaltssatzung 2014 in den Rat der Gemeinde Everswinkel am 14. November 2013, Seite 14 f.
[6] Haushaltsrede des Bürgermeisters Ludger Banken zur Einbringung der Haushaltssatzung 2013 in den Rat der Gemeinde Everswinkel am 15. November 2012, Seite 12 f.
[7] Artikel in den Westfälischen Nachrichten vom 16. Dezember 2013: Kein Euro mehr für Sportstätten.
[8] Artikel in den Westfälischen Nachrichten vom 19. Dezember 2013: Kein Geld für neue Standards.
[9] Gemeinde Everswinkel: Vorlage 130/2020 zur Sitzung des Gemeinderates am 15 Dezember 2020.
[10] Anmerkung: Die detaillierten Zahlen sind in einer an den Landrat des Kreises Warendorf gerichteten Kommunalaufsichtsbeschwerde dargestellt (siehe obenstehenden Link).
[11] Gemeinde Everswinkel: Stellungnahme zum Schreiben „Einwendungen gegen den Entwurf der Haushaltssatzung 2021 der Gemeinde Everswinkel“.