Bekanntlich hat das Oberverwaltungsgericht des Landes NRW im Oktober 2013 den Bebauungsplan „Königskamp“ im Ortsteil Alverskirchen der Gemeinde Everswinkel aufgehoben, da mit ihm gegen die Ziele der Raumordnung verstoßen wurde. In der schriftlichen Urteilsbegründung haben die Richter versucht, der Verwaltung und den Kommunalpolitikern die Sinnhaftigkeit der im Regionalplan verankerten raumordnerischen Bestimmungen, mit denen eine Zersiedelung der Landschaft verhindert und dem Flächenfraß Einhalt geboten werden soll, zu verdeutlichen.
Ganz offensichtlich hat der wohlmeinende Appell, im Interesse des Umweltgedankens in Zukunft die bisher betriebene „Kirchturmpolitik“ zu unterlassen[1], weder bei der Verwaltung noch bei der Mehrheit der Kommunalpolitiker in Everswinkel Früchte getragen. Wie anders ist es zu erklären, dass sowohl der Bürgermeister[2] als auch die Mehrheitspartei[3] vollmundig verkünden, sie würden sich für eine Änderung der landesrechtlichen Regelungen einsetzen. Mit anderen Worten: Die dem Schutz der Natur und der Allgemeinheit dienenden Bestimmungen sollen im Interesse kurzfristiger ökonomischer Interessen aufgehoben werden. „Raubtierkapitalismus“ lässt grüßen.
„In einem freien Europa … muss das möglich sein.“[4] Mit diesem salbungsvollen Satz soll dem erstaunten Bürger die Notwendigkeit der Fortsetzung der bisherigen rücksichtlosen Flächenpolitik plausibel gemacht werden. Dabei gibt es auch in allen anderen europäischen Ländern Gesetze und Verordnungen, mit denen der „schonende Umgang mit Grund und Boden“[5] geregelt wird.
Der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Everswinkel und Alverskirchen dürfte insbesondere vor dem Hintergrund einer stagnierenden und zukünftig weiter rückläufigen Bevölkerung längst klar geworden sein, dass ein „weiter so wie bisher“ langfristig verheerende Folgen nicht nur für die Natur, sondern auch für den kommunalen Haushalt haben wird.
Nicht eine Erhöhung des Flächenverbrauchs – wie vom Großteil der Everswinkeler Kommunalpolitiker gefordert -, sondern eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme ist das Gebot der Stunde. Angesichts des demographischen Wandels ist eine drastische Verringerung des Flächenverbrauchs nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch geboten. Rückläufige Bevölkerungszahlen führen zu einer Abnahme der Siedlungsdichte und damit zu steigenden Infrastrukturfolgekosten pro Einwohner. Die weiter steigenden Kosten der Infrastruktur wie z. B. Straßenbeleuchtung, Straßeninstandhaltung, Grünpflege, Kanalbenutzung, Wasserversorgung etc. müssen zukünftig von einer immer geringeren Anzahl an Nutzern aufgebracht werden. Jede zusätzliche Flächeninanspruchnahme verschärft dieses Problem.
Wenn der Neubau weiterhin vor allem am Ortsrand „auf der grünen Wiese“ stattfindet, während die Bausubstanz in den bisherien Siedlungsgebieten altert, besteht außerdem die Gefahr, dass dort bei rückläufigen Bevölkerungszahlen eine Abwärtsspierale aus mangelnder Sanierung und zunehmenden Leerständen entsteht.
In Zukunft werden diejenigen Kommunen für die Bürger attraktiv sein, denen es gelingt, Flächen und damit Kosten zu sparen. Das ständige Wiederholen vom wundersamen Ammenmärchen „Goldesel Neubaugebiet“, sollte der Vergangenheit angehören. Auch für Everswinkel und Alverskirchen sollte in Zukunft der Leitspruch gelten „weniger ist manchmal mehr“.
[1] Oberverwaltungsgericht NRW, 10 D 4/11.NE, S. 21.
[2] Westfälischen Nachrichten vom 26.08.2017: Einsatz für Verbundschule und mehr Bauland.
[3] CDU Everswinkel und Alverskirchen: Schwarz auf weiss. Das politische Info-Papier der CDU Everswinkel und Alverskirchen, Ausgabe 03/August 2017.
[4] Ebenda.
[5] Bespielhaft wird hier auf § 1 a BauGB verwiesen.