Fachleute, Naturschützer und Imker schlagen Alarm: Das Insektensterben und der Rückgang der Vogelarten hat vielerorts dramatische Ausmaße angenommen. Auch in der Gemeinde Everswinkel sind nach einem Bericht der Westfälischen Nachrichten das Ökosystem „und nicht zuletzt auch unsere eigenen Lebensgrundlagen“ gefährdet.[1]
Um die biologische Vielfalt zu schützen, ist es wichtig, vom Menschen möglichst unbeeinflusste Gebiete zu erhalten. Die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ sieht daher vor, den Anteil an Wildnisgebieten von derzeit 0,5 Prozent bis 2020 auf zwei Prozent auszuweiten. Da Deutschland dicht besiedelt ist, bieten vor allem Industriebrachen und ehemalige Militärgebiete Chancen für die Rückkehr der wilden Natur.
Auch in der Gemeinde Everswinkel ergeben sich auf einem großflächigen Militärareal im Außenbereich unter ökologischen Gesichtspunkten ungeahnte Chancen. Auf dem nur in geringem Maße versiegelten ehemaligen Militärstandort könnten weitgehend ungestört Flora und Fauna gedeihen, wie sie in unserer kultivierten Landschaft heute sonst praktisch nicht mehr anzutreffen ist.[2]
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen sieht in der ehemaligen Militärfläche in der Everswinkeler Bauerschaft Mehringen ein schützenswertes Naturpotential und misst ihm unter ökologischen Aspekten eine fraglos herausragende Rolle bei. Eine Umnutzung der Fläche für den Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt kommt daher aus Sicht des Landes NRW nicht in Frage.[3]
Und was macht die Gemeinde Everswinkel? Der Bürgermeister und die Mehrheit der Kommunalpolitiker stimmen einer Resolution zu, mit der die Errichtung der geplanten Justizvollzugsanstalt auf eben diesem ökologisch schützenswerten Areal gefordert wird.[4]
Verbunden wird damit ganz offensichtlich die Hoffnung, dass im Zuge eines möglichen Baus der Justizvollzugsanstalt die örtliche Wirtschaft neue Impulse erhält und die Nachfrage nach Wohnbaugrundstücken am Ortsrand steigt. [5]
Damit würde nicht nur im großen Stil eine naturnahe Konversionsfläche verschandelt, sondern im weiteren Verlauf durch die Ausweisung von zusätzlichen Siedlungsflächen am Ortsrand bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche versiegelt.
Während anderenorts Bürgermeister und Kommunalpolitiker für die Reduzierung des Flächenverbrauchs und damit für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen eintreten, soll offenbar in Everswinkel der Spitzenplatz beim „Flächenfraß“ verteidigt werden.[6]
[1] Westfälische Nachrichten vom 17.11.2017: Alarm in der Natur. Insektensterben und Vogelrückgang auch vor Ort spürbar.
[2] Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Zehn Jahre Truppenabzug und Konversion in Nordrhein-Westfalen. Konversionsbericht Band IV, November 2010, Seite 18.
[3] Die Glocke online vom 09.11.2017: JVA-Neubau entsteht nicht in Everswinkel.
[4] Vorlage 086/2017 der Sitzung des Gemeindesrates Everswinkel vom 14.11.2017
[5] Westfälische Nachrichten vom 16.11.2017: „Versiegelungskönig“ und „Knackis“.
[6] Everswinkel steht im Kreis Warendorf mit an der Spitze der Kommunen, in denen die Siedlungs- und Verkehrsflächen in den letzten zehn Jahren am stärksten gewachsen sind (+12,8%), Quelle: Die Glocke vom 21.07.2016, Artikel „Strukturwandel langsam aber stetig“.