Erste Überlegungen: Wie reagieren wir auf den demografischen Wandel?

Anlass für erste Überlegungen zur Ausweisung eines weiteren Baugebietes am Ortsrand von Alverskirchen war im September 2007 die Feststellung des Bürgermeisters, dass die Gemeinde Everswinkel sich mitten im Prozess der demographischen Entwicklung befinde und sich jetzt noch die Chance ergebe, mit preiswertem Bauland die ein oder andere junge Familie nach Everswinkel oder Alverskirchen zu locken. „Diese Chance sollten wir nutzen“ betonte der Bürgermeister.[1]

Bewusster Verstoß gegen die Ziele der Raumordnung

Dem Bürgermeister und den Kommunalpolitikern war bereits zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass die Ausweisung zusätzlicher Siedlungsfläche im Ortsteil Alverskirchen mit dem Ziel „junge Familien anzulocken“, gegen die Ziele der Raumordnung verstößt. In dem Bericht der Westfälischen Nachrichten heißt es: „Alverskirchen wächst – aus sich selbst, wie es die Landesplanung vorsehe, aber auch darüber hinaus, stellte der Bürgermeister sachlich fest. Zwischen den Zeilen war eine gewisse Kritik an den Entwicklungsrichtlinien des Landes unüberhörbar.“[2]

Mit anderen Worten: Der Bürgermeister sagt öffentlich und für jeden wahrnehmbar, dass nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen in Alverskirchen ausschließlich Bauland für den Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung ausgewiesen werden darf, dass Gemeindeverwaltung und Kommunalpolitiker aber nicht bereit sind, diese Bestimmungen einzuhalten. Ein Rechtsbruch mit Ansage.

Duldung durch Bezirksregierung

Da die in den vergangenen Jahren betriebene „Kirchturmpolitik“ im Ortsteil Alverskirchen, bei der stets die Bestimmungen des Landesentwicklungs- und Regionalplans unberücksichtigt blieben, von der Bezirksregierung geduldet wurde, sah die Gemeinde Everswinkel ganz offensichtlich auch bei der erneuten Ausweisung eines Baugebietes keine Veranlassung, die Ziele der Raumordnung zu beachten.

„Wiederholungstäter“ trotz Warnung

Das Verhalten der Gemeinde Everswinkel gleicht dem eines Bankräubers, der mehrfach erfolgreich war und überzeugt ist, auch der nächste Raubzug sei erfolgreich, selbst wenn die Bank die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.

Weshalb die Gemeinde Everswinkel ein vom OVG im Jahre 2006 zur Baulandausweisung in Eigenentwicklungsortsteilen gefälltes Urteil nicht als Warnsignal verstanden hat, lässt sich ganz offensichtlich nur mit der „Arroganz der Macht“ erklären. In dem Urteil hatte das OVG festgestellt, dass die Rechtsgültigkeit eines Bebauungsplans in Orten, die der Eigenentwicklung unterliegen, vom dem plausiblen Nachweis des Bedarfs der ortsansässigen Bevölkerung abhängig ist.[3]

Trotz dieses in zahlreichen Fachpublikationen erörterten Urteils hielt die Gemeinde Everswinkel an ihrer Absicht fest, ein überdimensioniertes Baugebiet am Ortsrand auszuweisen, um entgegen den Bestimmungen des Regionalplans zusätzliche Einwohner „mit billigem Bauland nach Alverskirchen zu locken.“

Link: Oberverwaltungsgericht NRW, 2006

 

[1] Westfälische Nachrichten vom 04.09.2007: „Neue Flächen braucht das Dorf“.
[2] Ebenda.
[3] OVG NRW, 7 A 1862/06 vom 04.12.2006