Haushaltsplanentwurf 2023: Versuch der Verschleierung

Die Einnahmen der Gemeinde Everswinkel haben sich in den letzten Jahren vor allem durch einen exorbitanten Anstieg des Gewerbesteueraufkommens kontinuierlich erhöht.

Während der Haushaltplanentwurf für das Jahr 2003 bei der Gewerbesteuer einen Betrag in Höhe von 2.100.000 € auswies[1], werden im Haushalt 2023 Gewerbesteuereinnahmen von 6.500.000 € eingeplant[2].

Das Gewerbesteueraufkommen ist somit in 20 Jahren pro Einwohner von 221 € im Jahr 2003[3] auf 669 € im Jahr 2023[4] gestiegen. Die Gemeinde hat sich von einer „steuerarmen“ zu einer „steuerstarken“ Kommune entwickelt.

Folgerichtig erhält die Gemeinde Everswinkel aufgrund der hohen Steuerkraft keine Schlüsselzuweisung mehr im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs vom Land Nordrhein-Westfalen. Schlüsselzuweisungen fließen nur finanzschwachen Kommunen zu. Je höher die Steuerkraft der Kommune, je geringer die Schlüsselzuweisungen. Das ist das Kernprinzip des Gemeindefinanzierungsgesetzes. Würden die Steuereinnahmen sinken, bekäme Everswinkel auch wieder Schlüsselzuweisungen.

Das Märchen von den fehlenden Schlüsselzuweisungen

Trotz sprudelnder Steuerquellen weist der vom Bürgermeister am 10. November 2022 eingebrachte Haushaltsplanentwurf in der mittelfristigen Ergebnisplanung für die nächsten vier Jahre einen eklatanten Fehbetrag von insgesamt 6.757.506 € aus.[5]

Da die Ausgaben auch in den vergangenen Jahren immer wieder höher waren als die Einnahmen, hatte die Gemeindeprüfungsanstalt bereits 2017 aufgrund der erheblichen finanziellen Fehlentwicklungen zeitnah Konsolidierungsmaßnahmen zur Vermeidung von weiteren Defiziten gefordert.[6]

Der Bürgermeister und die Kommunalpolitiker stellen in ihren Haushaltsreden zwar immer wieder fest, dass es unverantwortlich sei, jedes Jahr sein Vermögen zu verringern „und das in konjunkturell guten, ja sehr guten Zeiten“.[7] Bei der Suche nach den Ursachen für die chronischen Ausgabendefizite sind die politischen Entscheidungsträger aber keineswegs zu dem Ergebnis gekommen, dass gravierende Fehlentscheidungen in der Vergangenheit der Grund für das permanente Ungleichgewicht sein könnten.

Vielmehr versucht der Bürgermeister den Kommunalpolitikern und den Bürgern zu suggerieren, die aufgrund der steuerlichen Rekordeinnahmen weggefallenen Schlüsselzuweisungen seien verantwortlich für die defizitäre Haushaltslage: „Aktuell … erhält die Gemeinde keine Schlüsselzuweisungen. Somit fehlt eine wichtige Finanzierungssäule des gemeindlichen Haushaltes.“ Eine irritierende Aussage, die vom Bürgermeister jedem Haushaltsplanentwurf vorangestellt wird.[8]

Wenngleich das Märchen von den fehlenden Schlüsselzuweisungen gebetsmühlenartig bei der Haushaltseinbringung jährlich wiederholt wird,[9] so wird es dennoch nicht wahrer und trägt in keiner Weise zu Lösung des finanziellen Desasters bei.

Ausgabenerhöhung statt Konsolidierung

Auch der Haushaltsplanentwurf 2023 lässt keinerlei Konsolidierungsbemühungen erkennen. Im Gegenteil: Geht es nach dem Willen des Bürgermeisters, sollen im Planungszeitraum millionenschwere Investitionsprojekte auf den Weg gebracht werden.

Die Finanzierung der laufenden Verwaltungstätigkeit und die Zahlungen für die in die Finanzplanung eingestellten Investitionen führen bis Ende 2026 zu einem Defizit an liquiden Mitteln in Höhe von 7.961.732 €.[10]

Fehlende liquide Mittel erfordern logischerweise die Aufnahme von Krediten, um die Zahlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. In der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung sind hierfür aber weder Krediterhöhungen noch die zwangsläufig entstehenden Zinsaufwendungen berücksichtigt.

Bei einer Reihe der vom Bürgermeister aufgezählten Investitionsmaßnahmen sind die dazu erforderlichen Finanzgrößen entweder gar nicht oder nur teilweise angegeben, wodurch ganz offensichtlich der tatsächliche Ressourcenverbrauch verschleiert werden soll.

Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen, wie die Finanzströme in der vorgelegten mittelfristigen Haushaltsplanung der Beliebigkeit unterworfen sind:

      • Zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr wird die Notwendigkeit der zeitnahen Errichtung eines neuen Feuerwehrgerätehauses sowohl am Standort Alverskirchen als auch in Everwinkel betont. [11] Es werden jedoch keinerlei Angaben über die finanziellen Auswirkungen gemacht.
      • Ebenfalls in beiden Ortsteilen sollen neue Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Die Kosten für den Grunderwerb werden zwar im Haushalt berücksichtigt, Aussagen über die mögliche Höhe der zwangsläufig entstehenden Erschließungskosten fehlen jedoch gänzlich.
      • Trotz der längst wahrnehmbaren demografischen Veränderungen „wird die Gemeinde Everswinkel auch zukünftig die Ausweisung von Neubaugebieten sowohl in Alverskirchen als auch in Everswinkel anstreben“.[12] Die haushaltswirksamen Kosten für den Grunderwerb und die Erschließung dieser Vorhaben werden ebenfalls verschwiegen, wohingegen Planungskosten[13] und der Kauf von Ökopunkten[14] beziffert werden.

Mit der Berücksichtigung von Planungskosten und von Aufwendungen für den Erwerb von Ökopunkten soll offensichtlich demonstrativ verdeutlicht werden, dass wir es uns in Everswinkel auch bei einer noch so angespannten Finanzlage leisten können, durch die Ausweisung weiterer Bau- und Gewerbegebiete die Naturzerstörung ungeniert fortzusetzen.

Nachhaltige Haushaltspolitik gefragt

Dass der Bürgermeister und die Kämmerin der Gemeinde Everswinkel von einem politisch-strategischen Handlungsprogramm, das dauerhaft einen ausgeglichenen Haushalt anstrebt, weit entfernt sind, wird durch die mittelfristige Finanz- und Ergebnisplanung für den Zeitraum 2023 bis 2026 erneut offenbart.

Die Folgen der lediglich fragmentarischen Abbildung relevanter Finanzströme für geplante Investitionsmaßnahmen liegen auf der Hand: Statt Konsolidierung, die mehr als überfällig ist, werden die Investitionsauszahlungen weiter in die Höhe getrieben und unausweichlich die nachfolgenden Haushalte jahrzehntelang mit drastisch weiter gestiegenen Infrastrukturfolgekosten belastet.

Statt weiterhin Versuche zu unternehmen die desaströse Haushaltssituation der Gemeinde Everswinkel zu verschleiern, ist ein Haushaltsplan gefragt, der den Grundsätzen der „Sparsamkeit“ und „Wirtschaftlichkeit“ sowie dem Grundsatz der „Transparenz“ ebenso verpflichtet ist wie dem Leitziel der Generationengerechtigkeit.

Die Bürger Everswinkels haben ein Recht darauf, dass der Bürgermeister und die Mitglieder des Gemeinderates eine in ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht nachhaltige kommunale Haushaltspolitik betreiben.

Vertiefende Informationen siehe:
Stellungnahme zum Haushaltsplan 2023 und der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung 2024 – 2026 der Gemeinde Everswinkel

 

[1] Westfälische Nachrichten vom 07. November 2002: „Der Haushalt 2003 in Zahlen“.
[2] Haushaltsplanentwurf 2023, Seite 21.
[3] Bevölkerung am 31.12.2003 = 9.499.
[4] Bevölkerung am 31.12.2022 = 9.716.
[5] Haushaltsplanentwurf 2023, Seite 66:
Jahresergebnis 2023 = – 1.646.581 €
Jahresergebnis 2024 = – 1.989.440 €
Jahresergebnis 2025 = – 1.230.819 €
Jahresergebnis 2026 = – 1.890.666 €
[6] Siehe hierzu Beitrag vom 22. November 2017: „Haushalt Everswinkel: Auf Kante genäht.“
[7] Siehe hierzu Beitrag vom 23. Dezember 2018: „Bizarre Haushaltsreden zum Haushaltsplanentwurf 2019“.
[8] Haushaltsplanentwurf 2023, Seite 23 (siehe ergänzend auch Haushaltsplanentwurf 2023, Seite 13 und 16).
[9] Nahezu identische Aussagen wie im Haushaltsplanentwurf 2023 finden sich auch in den Haushaltsplanentwürfen 2016 bis 2022.
[10] Haushaltsplanentwurf 2023, Seite 18.
[11] Ebenda, Seite 8.
[12] Ebenda, Seite 8.
[13] Ebenda, Seite 195.
[14] Ebenda, Seite 51.