Leserbrief von Gundi Grabenmeier in den Westfälischen Nachrichten vom 19. September 2015.
„Wir machen den Weg frei“ lautete das Motto für die Mehrheit der Kommunalpolitiker in der gemeinsamen Sitzung des Bezirksausschusses Alverskirchen und des Ausschusses für Planung und Umweltschutz am 15.09.2015. Hinweise auf die „manipulative“ Gestaltung des Bedarfsgutachtens, das als Grundlage für den Bebauungsplan „Königskamp II“ dient, fanden keine Beachtung. Hierzu nimmt Gundi Grabenmeier Stellung.
Die Mitglieder des Gemeinderates haben ihre Pflichten zum Wohle der Gemeinde zu erfüllen und die Gesetze zu beachten. Dabei ist unter dem Wohle der Allgemeinheit nicht zu verstehen, ausschließlich die Interessen der heutigen Generation zu befriedigen. Vielmehr ist das Prinzip der „intergenerativen Gerechtigkeit“ zu beachten. Entscheidungen, mit denen die Wünsche einiger weniger heute erfüllt werden, die aber zu Lasten der zukünftigen Generationen gehen, entsprechen nicht den Vorstellungen einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Kommunalpolitik.
Bei einer auch zukünftig rückläufigen Bevölkerung im ländlichen Bereich bedeutet die Ausweisung neuer Baugebiete nicht nur einen weiteren sinnlosen Eingriff in die Natur. Immer weniger Einwohner bei gleichzeitiger Erhöhung der Wohneinheiten führen unweigerlich zu einem künftigen Leerstand von Bestandsimmobilien. Nach einer aktuellen Studie werden schon jetzt über 50 Prozent an Wohnungen im Kreis Warendorf über den erforderlichen Bedarf gebaut. Die Ausweisung neuer Baugebiete bedeutet für die Bürger unserer Gemeinde für die nächsten Jahrzehnte eine Erhöhung der Infrastrukturkosten (Straßenbeleuchtung, Grünpflege, Straßeninstandhaltung etc.). Diese erhöhten Kosten sind in Zukunft von immer weniger Einwohnern aufzubringen.
Darüber hinaus führt die Ausweisung immer neuer Baugebiete dazu, dass es günstiger und attraktiver ist, im Neubaugebiet zu bauen, als durch die Sanierung einer Bestandsimmobilie die vorhandenen Objekte zu nutzen. Ein Wertverlust älterer Immobilien ist die zwangsläufige Folge.
Die Ausweisung eines neuen Baugebietes dürfte vor diesem Hintergrund wohl kaum dem Allgemeinwohl dienen. Auch die bestehenden Gesetze werden erneut nicht eingehalten. Der v on der Gemeinde Everswinkel zu beachtende Regionalplan erfordert den gerichtlich überprüfbaren Nachweis des Bedarfs der ortsansässigen Bevölkerung als Voraussetzung für die Ausweisung weiterer Siedlungsfläche im Ortsteil Alverskirchen. Zwar hat die Gemeinde Everswinkel ein Bedarfsgutachten erstellen lassen; dieses Gutachten dürfte aber wohl kaum einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
Mit den Beschlüssen zur Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung eines Bebauungsplans „Königskamp II“ verstößt die Mehrheit der Mitglieder des Gemeinderates sowohl gegen die Interessen der Allgemeinheit als auch gegen geltendes Recht. In der Tat: Ein ziemlich dickes Ding!“