Die Bundesstiftung Baukultur beschäftigt sich in ihrem aktuellen Baukulturbericht 2016/17 mit der Frage, wie die vielen ländlichen Gemeinden und kleinen und mittleren Städte den zunehmenden Problemen, die durch die Schrumpfung der Einwohnerzahlen entstehen, begegnen können.
Die Stadtplaner sprechen von einem „Donut-Effekt“, wenn es in schrumpfenden Kommunen im Zentrum vermehrt zu Leerständen kommt, während rundherum immer neue Siedlungen entstehen. Die Siedlungsstruktur gleicht dann jenem klebrig-süßen, fettigen Gebäckkringel mit dem Loch in der Mitte und ist Symbol für ein fehlendes vitales Zentrum, ohne dass jeder Ort früher oder später verödet.
Während die Großstädte wachsen, verlieren Kommunen in peripheren Lagen Einwohner. Doch statt zukunftsfähige Konzepte für die betroffenen Gemeinden oder Städte zu entwickeln, wird selbst in vielen schrumpfenden Gebieten neues Bauland für Einfamilienhäuser ausgewiesen: Pro Tag werden in Deutschland durchschnittlich 69 ha neue Flächen planerisch in Anspruch genommen. Das ist so, als würde die Insel Helgoland alle drei Tage komplett beplant, und zudem weit entfernt von der Nachhaltigkeitsstrategie 2020, die einen Flächenzuwachs von höchstens 30 ha pro Tag als Ziel formuliert.
Eine Kommunalumfrage zeigt, dass 76% aller schrumpfenden und selbst 65% aller stark schrumpfenden Gemeinden versuchen, mit billigem Bauland neue Bewohner anzulocken, während im Ortskern oft Gebäude ungenutzt sind.
Doch der Baukulturbericht legt nicht nur die Probleme offen, die mit dieser Flächenpolitik verbunden sind, wie der Wertverfall von Grundstücken und Immobilien in der Peripherie, die wiederum für viele Häuslebauer ihre Altersabsicherung gefährdet. Im Baukulturbericht finden sich Beispiele dafür, wie Zukunftsperspektiven in ländlichen Räumen geschaffen werden können. Dies ist nicht zuletzt durch bürgerschaftliches Engagement möglich.
Eine der Handlungsempfehlungen des Baukulturberichts ist, künftig keine Eigenheimgebiete an den Rändern schrumpfender Gemeinden und Städte auszuweisen. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Baukultur, Reiner Nagel, regt deshalb an, bei der jetzt von Bundesbauministerin Barbara Hendericks ins Spiel gebrachten Eigenheimförderung nur den Bau von Einfamilienhäusern in integrierten Lagen zu fördern. Diesem Schritt in die richtige Richtung müssen weitere folgen.
weiterführender Link:
www.bundesstiftung-baukultur.de/baukulturbericht-201617
Siehe auch im Glossar unter „Donut-Prinzip“.