Geht es nach dem Willen des Bürgermeisters und der Merhheit der Kommunalpolitiker der Gemeinde Everswinkel, so lautet auch für 2018 ganz offensichtlich der Leitspruch: „Ich verwüste die Erde, also bin ich“[1].
In den Reden anlässlich der Verabschiedung des gemeindlichen Haushalts für das kommende Haushaltsjahr hatte die Ausweisung weiterer Baugebiete oberste Priorität.[2] Der Bürgermeister habe sich mit Unterstützung einiger Kommunalpolitiker bereits auf den Weg gemacht, um nach geeigneten Grundstücken Ausschau zu halten und mit Eigentümern zu verhandeln. [3]
Durch die Ausweisung von zusätzlicher Siedlungsfläche auf der „grünen Wiese“ soll der Spitzenplatz beim Flächenfraß im kommenden Jahr verteidigt werden. Das bedeutet nicht nur weitere Naturzerstörung mit irreversiblen Folgen, sondern auch eine dauerhafte Steigerung der Infrastrukturkosten. Da für die Zukunft aufgrund der demographischen Entwicklung mit einer Verringerung der Bevölkerung zu rechnen ist, führt ein Ansteigen der Kosten durch weitere Baugebiete zwangsläufig zu einer Mehrbelastung für jeden Bürger.
Auch die Kommunalpolitiker sehen das ein oder andere finanzielle Problem auf die Gemeinde und die Bürger zukommen. Damit wollen sie sich aktuell aber nicht auseinandersetzen. Viel wichtiger ist es nach Ansicht der im Gemeinderat vertretenen CDU und FDP, dass es in Sachen Baugebiete in Everswinkel im kommenden Jahr vorangeht. Die Fraktionsvorsitzenden dieser beiden Parteien betonten dabei ausdrücklich, dass Alverskirchen „an dieser Stelle nicht vergessen werden darf“.[4]
Die Ausweisung eines weiteren Baugebietes im Ortsteil Alverskirchen würde vor dem Hintergrund der aktuellen Bestimmungen des Landesentwicklungsplans NRW und des Regionalplans Münsterland einen erneuten Verstoß gegen die raumplanerischen Zielsetzungen darstellen. Bekanntermaßen darf im Eigenentwicklungsortsteil Alverskirchen Siedlungsfläche im naturnahen Freiraum nur für den Bedarf der ortsansässigen Bevölkerung ausgewiesen werden. Dieser Bedarf ist aber nach dem von der Gemeinde Everswinkel in Auftrag gegebenen Wohnungsbedarfsgutachten bis zum Jahr 2030 durch das Baugebiet „Königskamp II“ mehr als gedeckt.[5]
In ihrer Urteilsbegründung zur Aufhebung des rechtswidrigen Bebauungsplans Nr. 52 „Königskamp“ hatten die Richter des Oberverwaltungsgerichts NRW im Oktober 2013 nachdrücklich auf die Sinnhaftigkeit raumplanerischer Regelungen insbesondere zum Schutze der Natur hingewiesen.[6] Der Appell der OVG-Richter, zukünftig durch Einhaltung der Regelungen zum Naturschutz dem Umweltgedanken Rechnung zu tragen, ist bei der Mehrheit der Entscheidungsträger in Everswinkel aber ganz offensichtlich immer noch nicht angekommen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende findet diese Regelungen „schrecklich“[7]. Die Regelungen des Regionalplans, die auf Basis eines breiten politischen Konsenses mit Zustimmung der CDU zum Erhalt der dörflichen Struktur, zum Erhalt der Natur und damit im Interesse der Allgemeinheit beschlossen wurden, dienen nach seiner persönlichen Ansicht der „Drangsalierung dieses kleinen funktionierenden Ortsteils“.[8]
Der Fraktionsvorsitzende der Everswinkeler Mehrheitspartei bringt damit klar zum Ausdruck, was er von Regelungen hält, die auf Nachhaltigkeit im Interesse der nachfolgenden Generationen abzielen.
Da durch die Bestimmungen des Landesentwicklungsplans NRW und des Regionalplans Münsterland die kurzfristigen Profitinteressen einiger Weniger geschmälert werden, hoffen der Bürgermeister und die Mehrheit der Kommunalpolitiker auf eine „Kursänderung“ durch die neue Landesregierung. Die von Ministerpräsident Laschet ausgegebene Losung „weg von Ökologie, hin zur Ökonomie“[9] soll durch ein „Entfesselungspaket“[10] endlich umgesetzt werden.
Eine solche Politik, die sich dem Motto „nach mir die Sintflut“ verpflichtet fühlt, ist im Hinblick auf die gesamtgesellschaftlich angestrebten Nachhaltigkeitsziele geradezu kontraproduktiv.
Statt einer Lockerung der Bestimmungen des Landesentwicklungs- und Regionalplans sind im Gegenteil striktere Vorgaben notwendig, wenn wir es angesichts der Dramatik des Flächenfraßes ernst meinen mit dem Naturschutz.
Für 2018 sollte daher die zum Schutz der Landschaft und der Natur zwingend notwendige Reduzierung des Flächenverbrauchs angestrebt werden.
Es bleibt die Hoffnung, dass im kommenden Jahr auch in Everswinkel und Alverskirchen immer mehr Menschen spüren, dass wir dringend mehr und besseren Naturschutz brauchen. Dass auch vor Ort immer mehr Leute sagen, wir wollen nicht mehr zu Lasten der Natur leben.
In Abwandlung des eingangs zitierten Ausspruchs sollte das Leitziel für 2018 lauten:
„Ich schütze die Erde, also bin ich.“
[1] Dieser Ausspruch des Schweizer Architekten Rolf Keller wurde dem Jahrbuch des Kreises Warendorf 1997, Seite 39 entnommen.
[2] Die Haushaltsreden zur Einbringung der Haushaltssatzung 2018 sind auf der Internetseite der Gemeinde Everswinkel abrufbar.
[3] Siehe Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der FDP in der Sitzung des Rates der Gemeinde Everswinkel vom 19.12.2017, Seite 2.
[4] Siehe Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Seite 5 und Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der FDP, Seite 3.
[5] Siehe Rubrik „Baugebiet Königskamp“, Beitrag: Beliebigkeit im Umgang mit Zahlen, Wunschgutachten I.
[6] OVG NRW, 10 D 4/11.NE vom 18.10.2013, Seite 21.
Hinweis: Das OVG-Urteil ist im Glossar unter dem Stichwort „Oberverwaltungsgericht“ abrufbar.
[7] Siehe Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Seite 5.
[8] Ebenda, Seite 5.
[9] Siehe Artikel „Es geht um ihr Herzensanliegen“ in den Westfälischen Nachrichten vom 03. März 2016.
[10] Mit einem sogenannten „Entfesselungspaket“ will die nordrhein-westfälische Landesregierung unter anderem eine Reihe von Regelungen zum Schutz der Natur außer Kraft setzten.